RDE-Messfahrten (Real Driving Emissions) sind in aller Munde und stellen die Motorenentwickler vor zahlreiche neue Herausforderungen. Etwa bei der Testentwicklung für Dieselfahrzeuge. BMW gewährte Einblicke, wie diese neuen Aufgaben methodisch erschlossen werden.
Der Autor: Hartmut Hammer, freier Mitarbeiter der AutomobilKonstruktion
Die RDE-Gesetzgebung ist mittlerweile weitgehend festgelegt. Seit Anfang 2016 läuft die Monitoringphase, bei der Fahrzeuge mit erhöhten Emissionswerten noch nicht sanktioniert werden. Ab dem 1. September 2017 wird die Einhaltung der Euro-6-Grenzwerte dann Pflicht, die RDE-Messfahrt damit Bestandteil der Homologation. Zunächst dürfen die Messwerte drei Jahre lang noch um einen Konformitätsfaktor 2,1 über dem Zyklus-Grenzwert liegen, ab dem 1. September 2020 dann nur noch um das 1,5-fache.
RDE bringt jedoch einige Herausforderungen mit sich: So umfasst die RDE-Emissionsmessung auf der Straße deutlich mehr relevante Parameter als beim WLTP oder den US-amerikanischen Rollenzyklen. Beispielsweise beeinflussen das Straßenprofil, der Straßenbelag, das Klima, Nebenverbraucher wie die Klimaanlage, der Fahrstil und die Verkehrsbedingungen das RDE-Messergebnis. Da diese Parameter fast bei jeder Messfahrt variieren, sind die RDE-Messwerte untereinander nicht vergleichbar.
Zudem gibt es für die Straßenfahrt keine präzise Zyklusdefinition, sondern nur Randbedingungen, die einzuhalten sind. Beispielsweise soll die Umgebungstemperatur während der RDE-Messfahrt zwischen 0 und 30 °C liegen, die Teststrecke auf einem Höhenniveau von 0 bis maximal 1300 m über dem Meeresspiegel und sie darf pro 100 km maximal 1200 Höhenmeter aufweisen.
Die BMW AG hatte für ihre Dieselfahrzeuge zunächst eine Basis-RDE-Messstrecke definiert. Ihre Streckenparameter liegen bewusst an den oberen Rändern der Zielkorridore. Allerdings zeigte sich bald, dass mit nur einer Strecke kaum alle Randbedingungen nahe dem kritischen Limit abgebildet werden können. Deshalb sind weitere Streckenprofile entstanden, bei der Parameter möglichst am oberen Limit miteinander kombiniert wurden. Mit diesen Strecken lassen sich die Fahrzeuge per RDE-Messfahrt zumindest final absichern.
Synthetische Fahrten, aber realitätsnah
Ein gravierender Nachteil der RDE-Strecken: Für die eigentliche Fahrzeugentwicklung sind sie nur bedingt geeignet, da sie wegen der vielen variablen Randbedingungen keine exakte, reproduzierbare Bewertung der Antriebskonfigurationen zulassen. Für diesen Zweck greift BMW auf synthetische Ersatzzyklen auf dem Rollenprüfstand zurück. Da auf dem Rollenprüfstand Parameter wie Fahrprofil, Steigung und Umweltbedingungen relativ frei ausgelegt werden können, sind dort laut BMW deutlich mehr Anforderungen in einem einzigen Zyklus integrierbar.
Diese synthetischen Grenzzyklen haben die BMW-Ingenieure vor allem mithilfe von Fahrzeug-, Motor- und GPS-Daten aus realen RDE-Messfahrten entwickelt. In einem nächsten Schritt wurden die Messdaten dann in die Teilabschnitte Stadt, Überland und Autobahn zerlegt, kategorisiert und anschließend wieder zu etwa 300 Rollenersatzzyklen mit Eigenschaften möglichst nahe am Limit zusammengesetzt.
Der schlussendlich beste synthetische Grenzzyklus ist mit 45 min Dauer zwar deutlich kürzer als die geforderten 90 bis 120 min. Er weist aber eine Maximalgeschwindigkeit von etwa 160 km/h auf, etwa 1100 kumulierte Höhenmeter pro 100 km Fahrtstrecke und eine Längsdynamik leicht oberhalb des festgelegten Limits. Kleines Manko: Der geforderte Stadtbetrieb mit separatem Stadtgrenzwert ist nur mit einem separaten Stadtzyklus realisierbar.
Wie gut korrelieren Real- und Rollentests?
Im Praxiseinsatz weisen die RDE-Realfahrten und Rollen-Ersatzzyklen zuverlässig auf aktuelle Herausforderungen hin. So korrelieren für einen BMW 320d die rollenbasierten Testzyklen NEFZ, WLTP und RTS 95 (ein hoch dynamischer und weithin akzeptierter RDE-ähnlicher Zyklus) gut untereinander. Bei RDE-Fahrten auf der Straße kann das NOx-Niveau auch mit EU6b Abgastechnik deutlich über den Rollenzyklen liegen. Ursachen dafür sind beispielsweise die Steigungen und unterschiedlichen Umwelt-Randbedingungen.
Auf Basis dieser Erkenntnisse entwickelten die BMW-Ingenieure für künftige Motorengenerationen Techniken zur deutlichen Absenkung der NOx-Emissionen vor allem im Hochlastbereich. Dies gilt insbesondere für schwere Fahrzeuge mit höherem Fahrwiderstand. Bei einem Versuchsträger (X4 2.0d) hat man die Emissionen sowohl mit RDE-Messfahrten als auch mit Rollenersatzzyklen ermittelt. Bei den Rohemissionen geben die synthetischen Zyklen das Emissionsniveau der RDE-Fahrten schon recht genau wieder.
Anders sieht es bei den Endemissionen aus. Hier werden bei einer RDE-Messfahrt mit mäßigen Lasten und durchschnittlichen Randbedingungen die NOx-Emissions-Zielwerte erreicht. Mit einem sehr anspruchsvollen Ersatzzyklus nahe dem Limit verfehlt das Testfahrzeug – trotz NOx-Speicherkat und zusätzlichem SCR-System – die Zielwerte zunächst. Erst nach einer umfassenden Optimierung der Abgasnachbehandlungssysteme unterschreitet das Fahrzeug den NOx-Zielwert.
BMW AG, Tel.: +49 89 382-0, kundenbetreuung@bmw.de, wwww.bmw.de
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