Moderne Applikationsmethoden benötigen einen schnellen Steuergerätezugang. Hier stoßen die herkömmlichen Prüfstandsschnittstellen an ihre Grenzen. In Stuttgart wurde eine Lösung entwickelt, welche Mess- und Verstellzugriffe auf das Steuergerät ermöglicht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: bis zu Faktor 400 schneller als bei der Prüfstandsschnittstelle ASAP 3. Das spart Zeit und Kosten.
Aufgrund des wachsenden Funktionsumfangs, immer strengerer Abgasgesetze und der fortwährenden Optimierung des Kraftstoffverbrauchs nimmt die Komplexität der Steuergerätesoftware stetig zu. Die Applikation der Steuergeräte wird daher immer aufwändiger. Zur gleichen Zeit herrschen wie überall in der Entwicklung Kosten- und Zeitdruck.
Um diesen Herausforderungen Herr zu werden, verlagern die Fahrzeughersteller und Steuergerätelieferanten immer mehr Applikationsaufgaben vom Versuchsfahrzeug in frühe Phasen der Entwicklung, nämlich an den Prüfstand und in die Simulation.
Hier können Applikationsaufgaben automatisiert und deshalb effizienter als im Versuchsfahrzeug durchgeführt werden. So lässt sich am Prüfstand ein Motor viel einfacher in definierte Zustände versetzen. Versuche können dadurch kontrollierter durchgeführt werden als im Fahrzeug. Durch eine Teil- beziehungsweise Vollautomatisierung kann die Applikation im 24-h-Betrieb erfolgen.
Transiente Vorgänge aus dem Fahrzeug nachbilden
Mit modernen Prüfständen können transiente Vorgänge, wie sie im Fahrzeug vorkommen, nachgebildet werden. Mit neuen Applikationsmethoden lässt sich so die Qualität der Ergebnisse am Prüfstand steigern. Hierfür muss das Automatisierungssystem mit kurzen Zyklen durch Messen und Regeln auf das Steuergerät zugreifen. Mit den herkömmlichen Prüfstandsschnittstellen ASAP3 oder ASAM MCD-3 MC sind allerdings nur Applikationszyklen von maximal 100 ms möglich. Daher wurde bei Etas eine schnelle Prüfstandsanbindung für automatisierte Mess- und Verstellaufgaben entwickelt.
Bei dieser Lösung namens Inca-MCE (Measurement and Calibration Embedded) kann das Automatisierungssystem in Echtzeit über das Schnittstellenmodul ES910.3 auf das Steuergerät zugreifen. Inca-MCE ermöglicht es, das Potenzial einer automatisierten Applikation voll auszunutzen: Messungen haben ergeben, dass sich eine 16 x 16 Wertetabelle (512 byte) in einem ETK-Steuergerät über Inca-MCE in 0,7 ms verstellen lässt. Mit ASAP3 benötigt man hierfür 330 ms. Versuchszeiten können so um 20 bis 30 % reduziert und somit Applikationskosten eingespart werden.
Funktionen in Automatisierungssoftware des Prüfstandrechners verlagern
Die Verlagerung der Applikation in frühere Phasen der Entwicklung führt dennoch auch zu einem Problem: oft sind noch nicht alle Steuergerätefunktionen, die für die Applikation benötigt werden, implementiert oder fertig appliziert. Funktionen für den Komponentenschutz (zum Beispiel Klopfregler und Abgastemperaturüberwachung) oder virtuelle Sensoren (zum Beispiel Luftmassensensor, Drehmomentenmodell und Abgastempertursensor) stehen in frühen Phasen oft noch nicht im Steuergerät zur Verfügung. Aufgrund des schnellen Zugriffs über Inca-MCE können diese Funktionen in die Automatisierungssoftware des Prüfstandsrechners verlagert werden. Die herkömmliche Anbindung des Automatisierungssystems über ASAP3 oder ASAM MCD-3 MC stößt hier aufgrund der langsameren Zugriffszeiten an ihre Grenzen. Erschwerend kommt hinzu, dass ASAP3 ein blockierendes Protokoll ist. Während laufender Verstellvorgänge kann also das Automatisierungssystem keine Messwerte aus dem Steuergerät erhalten. Für die Verlagerung von Echtzeitreglern aus dem Steuergerät in das Automatisierungssystem stellt dies eine kritische Einschränkung dar.
Konfiguration manuell oder vollautomatisiert per Prüfstandsschnittstelle
Bei der Inca-MCE-Lösung wurden Teilfunktionen des Applikationswerkzeugs Inca auf die intelligente echtzeitfähige ES910-Hardware verlagert. Die Konfiguration von Inca-MCE kann manuell am Inca-PC oder vollautomatisiert per Prüfstandsschnittstelle erfolgen. Die Mess- und Verstellzugriffe vom Automatisierungstool erfolgen dann nicht mehr über ASAP3/ASAM MCD-3 MC, sondern über EtherCAT, einem echtzeitfähigen, ethernetbasierten Feldbus, oder IlinkRT, einer stark vereinfachten Variante von XCP-on-Ethernet. Die Applikationsmechanismen, wie zum Beispiel das Konvertieren der Daten, die zwischen Prüfstand (physikalisch) und Steuergerät (hexadezimal) ausgetauscht werden, erfolgen dabei unter einem Echtzeit-Betriebssystem auf der ES910.3. Bei der Entwicklung der Inca-MCE-Lösung wurde darauf geachtet, dass diese zu der derzeit vorrangig am Motorenprüfstand vorhandenen Automatisierungslösung über ASAP3 und das Applikationstool Inca-kompatibel ist. So lässt sich Inca-MCE an bereits existierenden Prüfständen einfach integrieren. Vorhandene automatisierte Applikationsabläufe können wieder verwenden werden.
Etas; Telefon: +49 0711 8 9661 240;
E-Mail: anja.krahl@etas.com;
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