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Saubere Luft dank Schaumstruktur

Thermogeformte, flexible Luftführungskanäle verbessern Komfort im Fahrzeuginnenraum
Saubere Luft dank Schaumstruktur

Leichte und zugleich weiche Kanäle zur Kalt- und Warmluftführung aus vernetztem Polyethylen (PE)-Schaum erfüllen die Anforderungen im Kraftfahrzeugbau besonders gut. Mit inzwischen ausgereifter Technologie bieten sie eine auch wirtschaftlich attraktive Alterna- tive zu den derzeit noch mehrheitlich eingesetzten starren und harten Kanälen aus Polypropylen (PP).

Die Liste der Anforderungen an die Eigenschaften von Luftführungskanälen im Fahrzeuginnenraum ist sehr vielschichtig. Ob im Pkw oder im Lkw eingesetzt, sollen diese Kanäle generell

  • möglichst leicht sein
  • Schall wirksam dämpfen
  • beim Durchströmen von warmer oder kalter Luft gut isolieren
  • Kondenswasserbildung nach dem Abschalten des Kaltluftstroms vermeiden
  • ausreichend temperaturbeständig sein
  • geringe Fogging-Werte aufweisen (geruchsneutrales Material)
  • einfach verbaubar sein und selbst bei engen Einbauverhältnissen nicht klappern
  • beim Anschluss der Enden gut dichten
  • die Herstellung komplexer 3D-Geometrien ermöglichen, auch bei sehr langen Teilen und
  • möglichst kostengünstig herstellbar sein.
Die Herstellverfahren im Vergleich
Die für die Serienproduktion von Luftführungskanälen genutzten Verfahren sind das Extru- sionsblasformen von PP und neuerdings das mittlerweile technologisch und verfahrenstechnisch ebenfalls ausgereifte, so genannte Twinsheet-Thermoformen von Folien aus chemisch vernetztem PE-Schaum. Dabei ist das Extrusionsblasformen, auch kurz Blasformen oder Hohlkörperblasen genannt, traditionsbedingt das noch vorrangig angewandte Standardverfahren. Aus PP-Granulat als Ausgangsmaterial entstehen dabei Formteile (Hohlkörper) mit Wänden (etwa 1 mm Wanddicke) aus hartem Kompaktmaterial. Ein kontinuierlich extrudierter Schlauch aus heißem, noch formbarem Kunststoff wird dazu im direkten Folgeschritt abschnittweise in einem Blaswerkzeug zum Hohlkörper ausgeformt.
Beim Thermoformen entstehen die Formteile durch Umformen (landläufig auch als „Tiefziehen“ bezeichnet) von Halbzeug, in der Regel Platten und Folien aus thermoplastischen Kunststoffen. Für das Twinsheet-Thermoformen werden zwei auf Umformtemperatur aufgeheizte Folien im Werkzeug vakuumunterstützt zu Halbschalen geformt und anschließend an der Außenkontur miteinander verschweißt. Abschließend wird der Hohlkörper direkt im Werkzeug ausgestanzt. Tabelle 1 zeigt den Vergleich der Eigenschaften der aus einem von Trocellen entwickelten chemisch vernetzten PE-Schaum auf diese Weise hergestellten weichen Luftführungskanäle mit denen blasgeformter harter PP-Kanäle.
Die Schaumstruktur macht’s
Im Abgleich mit dem eingangs aufgeführten Anforderungskatalog vergibt Tabelle 1 nahezu durchgehend Pluspunkte für den elastischen, weichen Luftführungskanal, es sei denn, die Konstruktion fordert zwingend einen starren, harten Kanal. Die Ursache für das positive Eigenschaftsprofil liegt in der Physik des Materials begründet: Ein Kanal aus PE-Schaum (Dichte etwa 70 bis 80 kg/m³, je nach Anwendung) ist nicht nur gravierend leichter als einer aus PP-Vollmaterial (Dichte rund 0,9 g/cm³ beziehungsweise 900 kg/m³), Schaum besitzt strukturbedingt unter anderem auch eine deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit und dämpft die Schallausbreitung stärker.
Eine „schlechtere“ Wärmeleitfähigkeit hat eine bessere Isolierwirkung zur Folge, was sich bei der Klimatisierung positiv auswirkt. Hierzu zeigt Bild 2 den Vergleich an einem Instrumententafel-Luftkanal aus XLPE-Schaumstoff und aus PP-Kompaktmaterial. Bei dieser Untersuchung wurde ein klimatisierter Luftstrom (26 °C) in den Luftkanal geblasen, die Raumtemperatur betrug 31 °C bei 80 % Luftfeuchtigkeit. Nach 10 min wurde dann die Temperaturverteilung auf der Luftkanaloberfläche thermografisch gemessen: Beim Luftkanal aus XLPE-Schaumstoff behält der Luftkanal außen in etwa die Raumtemperatur von 31 °C (gelbgrün) bei, beim harten PP-Kanal sinkt die Oberflächentemperatur dagegen auf rund 28 °C (hellblau) ab, nimmt also nahezu Kühlluft-Temperatur an. Die geringe Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität des Schaums minimiert auch die Gefahr der Kondenswasserbildung im Luftkanal nach dem Abschalten der Klimaanlage.
Bei der Schallübertragung gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede. Eingebaut in einer B-Säule und beaufschlagt mit einer Luftgeschwindigkeit von 2,7 m/s, zeigte ein thermogeformter weicher Luftkanal (Schaumdichte 80 kg/m³, d = 4 mm) über die gesamte gemessene Frequenzbandbreite von 500 bis 10 000 Hz durchgehend eine bessere akustische Dämpfung als der blasgeformte harte Kanal. Beispielsweise betrug bei Frequenzen im Bereich um 2000 bis 2500 Hz – wo das Gehör besonders empfindlich ist – die Minderung des Schalldruckpegels gut 3 dB(A), was einer Halbierung der Intensität der Geräuschquelle entspricht.
Thermoformen: Das Verfahren
Schaumfolien, wie sie zur Herstellung der von Trocellen entwickelten und patentierten flexiblen XLPE-Luftführungskanäle zum Einsatz kommen, lassen sich prozesssicher thermoformen. Die für das Twinsheet-Thermoformen erforderlichen Voraussetzungen erfüllen prozessgeregelte Universalformmaschinen wie die Illig UAR 155g neuester Generation besonders effizient. Servomotorische Antriebe sorgen für präzise, wiederholgenaue und schnelle Bewegungen, selbst bei der große Massen bewegenden Formstation. Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 500 mm/s für Werkzeugunter- und Werkzeugobertisch minimieren die Zeit zwischen dem Aufheizen und Umformen der Schaumfolie, um reproduzierbar hochwertige Formteile zu erzielen. Ein weiterer Vorteil beim Thermoformen ist, dass sich auf dem großflächigen Werkzeug mehrere Formteile mit unterschiedlicher Größe und Geometrie in einem Arbeitsschritt gleichzeitig herstellen lassen. Die daraus resultierende Zykluszeit pro Luftkanal ist enorm kurz. Außerhalb der Thermoformmaschine werden lediglich – wie bei blasgeformten Hartkanälen gleichfalls erforderlich – die Anschlussbereiche der Luftführungskanäle beschnitten.
Diese Vorteile beim Thermoformen führen dazu, dass die aus Halbzeug (geschäumte Folien) hergestellten Luftführungskanäle auch kostenmäßig mit den blasgeformten, harten Kanälen mit PP-Granulat als Ausgangsmaterial wettbewerbsfähig sind. Die Herstellkosten pro Kanal sind vergleichbar. Kombiniert mit den technologischen Vorteilen ist das Thermoformen von großen Stückzahlen immer dann sinnvoll, wenn im Extrusionsblasformen die Produktqualität beziehungsweise die Anforderungen an das Produkt nicht realisiert werden können.
Mittlerweile haben Luftführungskanäle aus XLPE-Schaumstoff bei mehreren europäischen Automobilherstellen bereits Einzug in die Serie einiger Modelle gehalten. Eingesetzt werden sie in Armaturentafeln, Mittelkonsolen und B-Säulen bis hin zum Dachbereich. Damit steht ihr Einsatz in der Breite des Fahrzeugbaus allerdings erst am Anfang.
Illig Maschinenbau; Telefon: 07131 505-0; E-Mail: peter.schwarzmann@illig.de
Trocellen; Telefon: 02241 8504; E-Mail: vabeck@trocellen.com
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