Kompetenz für Licht ist bei Hella Anspruch und Herausforderung zugleich. Es ist nicht umsonst ein Selbstanspruch der Lippstädter, bevorzugter Entwickler der Automobilszene zu sein, wenn es um die automobile Beleuchtung geht. Zahlreiche Patente belegen diesen Anspruch. Licht in Automotive ist Funktion und Design. Licht muss funktional und optisch überzeugen. Es soll den Fahrzeugen nicht zuletzt eine markante Erscheinung vermitteln. Wenn etwas Neues entstehen soll, sind Designer und Ingenieure mit Ideen gefragt – in Entwicklung und Fertigung.
Der Autor: Guido Radig, Journalist, Bergkirchen
Für den neuen Porsche Macan hat Hella ein völlig neues Heckleuchtensystem mit Lichtleisten zur Ausrichtung von LED-Licht entwickelt. Das Funktionsprinzip dieser patentierten Edgelights für eine angeordnete bandförmige Signalleuchte ermöglicht eine neue Lichtqualität für die sicherheitsrelevanten Bremslichtsignalfunktionen. Herzstück der Heckleuchte ist ein dickwandiges Teil aus PMMA, der sogenannte Lichtbaustein oder Lichtleiter. Dieses Teil mit hochkomplexer Prismengeometrie und Reflexion zur Lichtleitung erforderte beim Entwicklungspartner Hofmann im Werkzeug- und Modellbau eine neue Herangehensweise. Auch in der Fertigung bei Hella stellt der Lichtbaustein hohe Anforderungen an die Fertigungsgüte. Wir informierten uns bei Projektleiter Friedrich Voßwinkel von Hofmann.
Edgelight-Lichtdesign als neue Heckleuchten-Technologie
Bei diesen Bauteilen handelt es sich um hochkomplexe Lichtleisten für Heckleuchten, genannt Edgelight, die sich in Form und Präzision von herkömmlichen Lichtleitsystemen abheben. Eingebaut in die Heckleuchte, bilden sie in Kombination mit weiteren Einzelteilen die sicherheitsrelevante Funktion des Bremslichtes am Fahrzeugheck ab. Die Ausführung für den Porsche Macan besteht aus drei Baugruppen: T1 Oben, T1 Mitte, zwei Baugruppen, die zu einem Element verschraubt werden (für Beleuchtung und Fahrtrichtungsanzeiger), und einer Baugruppe T1 Unten (Bremsleuchte bzw. angeordnete bandförmige Signalfunktion). Die Signalleuchte lässt sich mittels dieser Technik flexibel und bauraumsparend in die Außenhaut der Fahrzeugkarosserie integrieren. Am Fahrzeug nimmt der Betrachter die in das Heck integrierten Signalleuchten wahr, die dem Macan seine markante Erscheinung verleihen.
Baugruppen im Überblick
Die Heckleuchten-Baugruppen bestehen neben den Edgelight-Lichtbausteinen aus Komponenten, wie sie für Rückleuchten üblich sind. Darunter Lichtscheiben aus PMMA in vier Farben (Rot transparent, Grau transparent, Schwarz opak und Hellrot transparent), die in 3-Takt-Technik spritzgegossen werden. Außergewöhnlich ist die stark gestufte Außenkontur der oberen Lichtscheibe.
Das Projekt zur Entwicklung der neuen Heckleuchtengeneration erforderte eine Reihe von Grundsatzuntersuchungen bis zur Prüfung der Fertigungsmöglichkeiten: auf der einen Seite in enger Abstimmung mit den Designern und Ingenieuren von Porsche als dem Endkunden, auf der anderen Seite mit dem Entwicklungspartner Hofmann für den Werkzeug- und Modellbau. Das Hella-Projekt bestand aus acht teilweise parallel ablaufenden Entwicklungsstufen:
- Prinzipentwicklung
- Designentwurf
- Generierung von Basis-CAD-Daten in 3D bei Hella
- Nutzung dieser Daten für funktionsidentische Bauteile im Modellbau
- Umsetzung dieser Daten für die Werkzeugkonstruktion
- Erstellung von Serienwerkzeugen
- Einfahrversuche im Technikum und
- Start-of-production (SOP) bei Hella
„Dabei ging es nicht nur um die enge Verzahnung von Werkzeug- und Modellbau in das Projekt von Hella, sondern auch um die Abstimmung des finalen Lichtbausteins an Bedürfnisse der Fertigung. Also die fertigungsgerechte Auslegung des Bauteils und aller anderen Systemkomponenten“, erläutert Friedrich Voßwinkel. Bis zur Auslieferung der Serienwerkzeuge vergingen für ihn und seine Kollegen 16 aufregende Monate.
Von der Entwicklung zur Fertigung
Bereits während der Entwicklung der Serienwerkzeuge ist die Expertise von Hofmann für Werkzeugauslegung und Fertigungsprozess gefragt. So wurde die hochkomplexe Prismengeometrie immer wieder modifiziert, um den schwierigen Spagat von Formenbau und Lichtdesign zu schaffen. „An die Lichtbausteine werden hohe Erwartungen in Bezug auf Design, Oberflächenoptik und Funktion gestellt“, so Friedrich Voßwinkel. „Gleichzeitig erwartet der Kunde eine kunststoffgerechte Auslegung für hohe Prozessstabilität in der Fertigung bei absoluter Verzugsfreiheit.“ Hofmann bietet dazu Einfahr- und Nullserienfertigungen in seinem modernen Spritzgießtechnikum in Lichtenfels. Die Produktionsfachleute sind vor dem SOP gefragte Gesprächspartner für die Produktionsverantwortlichen von Hella. Friedrich Voßwinkel: „Je höher die Anforderungen eines Bauteils geschraubt werden, desto konservativer blicken die Produktionsverantwortlichen auf stabile Prozesse.“
Die Serien-Edgelights werden bei Hella aus transparentem PMMA im Zwei-Takt-Verfahren als Mehrkomponententeile auf Drehwerkzeugen gefertigt. Jedes Werkzeug produziert je Zyklus ein linkes und ein rechtes Bauteil, welches in 2K-Technik vor- und fertiggespritzt wird. Die Herausforderung für die Produktion liegt in korrekter geometrischer Ausformung und lupenreiner Sauberkeit der Leuchtensysteme, da nur so die Lichtwellen in der gewünschten Intensität austreten können.
Diese Lichtbausteine werden nach der Abkühlung als Einzelteil der Heckleuchtenproduktion zugeführt. Das dickwandige PMMA-Teil aus Altuglas HT 121 oder Plexiglas 8N erfordert im 2K-Verfahren hohe Ansprüche für die Bindenähte zur Erreichung der geforderten Lichtwerte. Ebenfalls entscheidend ist die komplexe Prismengeometrie beim Ein- und Austritt des LED-Lichts. Im Rahmen der Werkzeugentwicklung war es die Aufgabe des Werkzeugbaus Siegfried Hofmann, eine Kontur zu entwerfen, die die höchste Lichtausbeute beim Austritt verspricht und dabei auch fertigungstechnisch beherrschbar ist. Das galt nicht nur für die Herstellung der Serienwerkzeuge selbst, sondern auch in Bezug auf die Entformbarkeit der Lichtbausteine im Werkzeug sowie in der Prozessbeherrschung in Bezug auf die strikte Verzugsfreiheit. „Die Funktion des Lichtbausteins erfordert, als spezifische Herausforderung für den Werkzeugbau bei uns und die Produktion bei Hella, absolute Verzugsfreiheit des Bauteils“, ergänzt Friedrich Voßwinkel.
One-shop-stopping über den gesamten Lebenszyklus einer Teileproduktion
Bei komplexen Neuentwicklungen kommt es auf die Wahl der Partner und der Schnittstellendefinitionen an. Aus Sicht von Hella ist ein Partner wie die Hofmann-Gruppe interessant, weil der Kunststoffverarbeiter es über den gesamten Lebenszyklus des Produkts mit nur einem Ansprechpartner zu tun hat. Dies gilt von der Produktentwicklung und Vorserienfertigung im Modellbau, dem Serienwerkzeugbau mit Einfahrkapazitäten im Spritzgießtechnikum bis in den After Sales bei Service, Ferndiagnose, Wartung oder möglichen Faceliftings von Produktionswerkzeugen.
Hofmann, Tel.: 09571 949-0, info@hofmann-innovation.de
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