Startseite » Allgemein »

Mehr Luft – weniger Verbrauch

Fahrzeughersteller haben die Wahl zwischen Kompressor und Turbolader
Mehr Luft – weniger Verbrauch

Hochaufgeladene Motoren können, im Gegensatz zum Saugmotor, bei gleicher Leistung kleiner gebaut werden. Mit solchen Downsizing-Motoren sollen Verbrauch und CO2-Emission reduziert werden. Doch welches der etablierten Ladessysteme ist das jeweils geeignete? Erst im Package wird deutlich, ob ein Turbolader oder ein Kompressor zum Zuge kommt.

Der Autor Dr. Rolf Langbein ist freier Mitarbeiter der AutomobilKONSTRUKTION

Laut Gesetz müssen die Fahrzeughersteller bis zum Jahr 2015 bei Neufahrzeugen die CO2-Emission stufenweise auf 120 g/km herabsetzen. Das wird, so meinen Experten, ohne Aufladung der Motoren kaum möglich sein. Erst die Leistungssteigerung der Verbrennungsmotoren durch eine erhöhte Luftzufuhr macht es den Herstellern möglich, Motoren kleiner auszulegen. Ihnen stehen dazu mit dem Kompressor und dem Turbolader zwei unterschiedliche Technologien zur Auswahl.
Der Kompressor ist über einen Riemen direkt an den Motor gekoppelt. Das ist der Turbolader, der vom Abgas des Motors angetrieben wird, nicht. Daraus ergibt sich ein entscheidender Vorteil des Kompressors. „Wir haben ein äußerst schnelles Ansprechverhalten“, erklärt Mike Lau. „Das bedeutet“, so der Leiter Technik & Entwicklung Kompressor bei der Eaton Vehicle Group weiter, „dass der Motor vor allem in der sogenannten Instationärphase, also in der Beschleunigungsphase des Fahrzeugs, einen sehr schnellen Drehmomentaufbau aufweist.“ Von Vorteil sei dabei weiter, dass die Mechanik wesentlich weniger beansprucht werde und kein so starkes Aufheizen und Abkühlen stattfinde. „Der Nachteil ist natürlich“, räumt Lau ein, „dass wir die Abgasenergie überhaupt nicht verwenden können.“
Der Turbolader nutzt dagegen das Abgas, das vor der Abgasturbine stark verdichtet wird. Dabei bezieht er die Energie zum einen aus dem aufgestauten Druck und zum anderen aus der Abgastemperatur. Da diese aus dem Verbrennungsprozess exzessiv zur Verfügung steht, ist auch der Wirkungsgrad besser als beim Kompressor. Allerdings steht nicht immer sofort genügend Wärme zur Verfügung, um den Turbolader schnell genug anzutreiben und auf Geschwindigkeit zu bringen. Im Normalfall muss in der Startphase der kalte Turbolader erst einmal aufheizen. Bis er dann richtig arbeitet, vergehen ein paar Sekunden. Ähnlich ist das Verhalten bei niedrigen Drehzahlen. „Die volle Abgastemperatur werden Sie niemals unter 2000 Motorumdrehungen erreichen“, erklärt Lau die Situation. Zu viel Wärme gehe im Brennraum an die Brennraumwände verloren und die Gasbewegung sei relativ langsam, was wiederum zu Wärmeverlusten im Abgas führe. „Da ist unsere Maschine natürlich deutlich mit Vorteilen bedacht, weil sie das Abgas nicht braucht“, sagt Lau.
Die Kompressoren von Eaton waren ursprünglich Drehkolbenlader nach dem Roots-Prinzip. Dabei saugen zwei gegenläufige Rotoren, deren Flügel wechselseitig ineinandergreifen, die Luft auf der einen Seite radial an und schieben sie auf der anderen Seite wieder radial heraus. „Die Maschine ist eigentlich nur eine Luftpumpe und hat keine innere Verdichtung“, erklärt der Leiter Technik & Entwicklung. Die Verdichtung finde erst hinter der Maschine statt, da der Abnehmer normalerweise weniger Luft schlucken könne als der Kompressor fördere. „Deshalb verwenden wir auch lieber den Begriff Supercharger anstatt Kompressor“, gesteht Lau. Mittlerweile sind die Kompressoren aber stark abgewichen vom ursprünglichen Roots-Prinzip. Sie weisen alle einen achsialen Eintritt auf und die neueste Generation hat auch einen achsialen Austritt.
Bei der fünften Generation bestanden die Rotoren aus drei um 60° verdrillte Flügel. „Die Lader der sechsten Generation weisen dagegen ein völlig verändertes Design gegenüber den Vorgängern auf“, erklärt Lau die Entwicklung. „Die Rotoren dieser revolutionären TVS-Kompressoren bestehen aus vier um 160° verdrillte Flügel.“ Der vierte Flügel und der veränderte Winkel erzeugen in Verbindung mit den neu ausgeführten Ansaug- und Auslasskanälen einen gleichmäßigen und sehr effektiven Luftstrom in den Motor. Und darüber hinaus sorgt die Technologie für verbesserte Geräusch- und Schwingungseigenschaften. „Bei der siebten Generation sind wir wieder auf drei um 90° verdrillte Flügel zurückgegangen“, erklärt Lau und hebt hervor: „Wir haben mit diesen Entwicklungen den Wirkungsgrad um 13 Prozent steigern können und die Druckverhältnisse deutlich erhöht.“ Konnten mit Generation V maximal Druckverhältnisse von 1,8 oder 2,0 erzielt werden, so können mit Generation VI Druckverhältnisse von 2,5 und mit Generation VII solche bis zu 3,2 gefahren werden.
Mit Blick auf den Spritverbrauch und die CO2-Emission sieht Lau entscheidende Veränderungen beim Einsatz des Kompressors. Wurde früher der Kompressor einfach auf den Motor drauf gesetzt, so werden Aufladesysteme heute von der ersten Konzeptphase des Motors an einbezogen und Motor und Aufladeaggregat aufeinander abgestimmt. So können Kompressorsysteme soweit optimiert werden, dass sie an den Verbrauch mit Turboladern herankommen. Desweiteren haben die Entwickler sowohl den mechanischen als auch den thermischen Wirkungsgrad des Kompressors deutlich verbessert. „Zwischen einem Wirkungsgrad von 65 Prozent bei Generation V und von 80 Prozent bei Generation VI und VII liegen Welten“, hebt Lau hervor und betont: „In der guten Zusammenarbeit mit unseren Kunden lernen wir sehr viel dazu.“
Starke Wachstumsraten bei Aufladesystemen
Die Anbieter von Aufladesystemen rechnen bis 2020 mit einer Verdreifachung der Verkaufszahlen. „Wir sehen starke Zunahmen sowohl bei Kompressoren als auch bei Turboladern“, stellt Lau fest, „wobei sich diese Entwicklung meist im Bereich der Ottomotoren abspielen wird.“ Der Kompressor habe zwar gewisse Vorteile, aber auch gewisse Nachteile gegenüber dem Turbolader, die man nicht verschweigen wolle. Die eindeutigen Vorteile des Kompressors sieht Lau im Bereich des instationären Verhaltens, beim Downsizing der Motoren und vor allem beim Downspeeding. „Hier können die Abgastemperaturen so tief liegen, dass der Turbolader schlichtweg nicht funktionieren kann“, weiß er, „da sind wir definitiv besser gestellt.“ Dafür hat der Turbolader den besseren Wirkungsgrad, wenn er bei höheren Motordrehzahlen hinreichend Abgastemperatur zur Verfügung hat. „Allerdings können wir global gesehen mit einem niedrigeren Motordrehzahlniveau rechnen“, stellt Lau fest. Denn die auf dem Prüfstand im stationär eingeschwungenen Zustand der Motoren ermittelten Werte entsprächen nicht der Realität. „Wenn Sie an der Ampel beschleunigen oder im dritten Gang durch Zone 30 fahren und dann voll aufs Gas treten, dann haben Sie beim Turbolader einfach dieses Turboloch“, sieht Lau die Realität.
Welcher Lader im jeweiligen Fall zum Zuge kommt, hängt also sehr stark vom Package ab. So wurden zum Beispiel bei Audi drei Vergleichsmotoren gebaut, einer mit Turbolader, einer mit Kompressor und ein dritter als großer Sauger. „Nach umfangreicher Prüfung von Verbrauch, Ansprechverhalten, Geräuschemission und anderen Faktoren hat sich Audi dann für unseren Kompressor entschieden“, kann Lau berichten. So wie hier seien die meisten Autohersteller vorgegangen. „Mittlerweile entscheidet aber immer öfter die Simulation darüber, welcher Lader zum Einsatz kommt“, berichtet der Entwicklungsleiter. Da waren intensive Gespräche mit den Softwareentwicklern notwendig, denn wegen der großen Einsatzbreite wurde hier der Turbolader besser behandelt. „Inzwischen können wir auch hier von einem weitgehend fairen Vergleich sprechen“, ist Lau überzeugt.
Eaton Vehicle Group; Telefon: 0221 5341088-35;
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten

Video-Tipps

Unser aktueller Video-Tipp: 100 Jahre BMW


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de