Zu geringe Reichweiten erschweren bisher die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen. Sogenannte Range Extender sollen jetzt dieses Hindernis überwinden. Bei leerer Batterie erzeugen ein Verbrennungsmotor und ein Generator den Strom, der Reichweiten entsprechend denen konventioneller Fahrzeuge ermöglicht.
Der Autor Dr. Rolf Langbein ist freier Mitarbeiter der AutomobilKONSTRUKTION
Noch verhindern die Ladekapazität der Batterie und die Ladedauer eine batterieelektrische Mobilität von Fahrzeugen ohne Einschränkung der Reichweite. Automobilindustrie und Zulieferer arbeiten daher an Konzepten, die trotz eingeschränkter Speicherkapazität im Vergleich zu konventionellen Antriebssystemen akzeptable Reichweiten ermöglichen. Mit dem Range Extender als Reichweitenverlängerer bieten die Entwickler eine Lösung, mit der die bisherigen Hindernisse für die Akzeptanz von Elektroautos überwunden werden können.
Beim Antriebskonzept mit Range Extender schaltet sich bei zu geringer Batterieladung ein Verbrennungsmotor zu, der über einen Generator Strom für Antrieb und Ladung der Batterie liefert. Wie folgende Beispiele zeigen, hängt es vom jeweiligen Konzept ab, ob der Motor darüber hinaus auch für den mechanischen Antrieb der Räder genutzt wird.
„In unserem Verständnis ist ein Range Extender nur ein Reichweitenverlängerer für Elektrofahrzeuge“, betont Dr. Marco Warth. Für den Entwicklungsleiter der Mahle Powertrain, Entwicklungsdienstleister des Konzerns, gibt es zwischen Verbrennungsmotor und Rädern keine mechanische Verbindung. Der bei Mahle Powertrain entwickelte Range-Extender-Antrieb beinhaltet einen Viertakt-Ottomotor mit 0,9 l Hubraum und einen Permanent-Magnet-Synchron-Generator, der komplett in das Kurbelgehäuse des Motors integriert ist. Der Zweizylinder-Reihenmotor entwickelt eine Leistung von 30 kW. „Das reicht, um das Ladeniveau der Batterie selbst bei schneller Autobahnfahrt zu erhalten“, betont Dr. Warth. Mit Abmaßen von 481 mm x 416 mm x 327 mm und einem Gewicht von rund 65 kg lässt sich das Aggregat bequem stehend oder liegend einbauen.
Mahle hat den Range Extender zusammen mit einem permanenterregten Synchronmotor (Dauerleistung 55 kW, Spitzenleistung 100 kW) sowie einem Zweigang-Untersetzungsgetriebe in ein Demonstrator-Fahrzeug (Audi A1), eingebaut. Eine unterflurverbaute Lithium-Ionen-Batterie (14 kWh) ermöglicht eine elektrische Reichweite von mehr als 60 km. Weitere 400 km Reichweite garantiert das Tankvolumen von 25 l. Dabei erreicht das Fahrzeug eine Dauerhöchstgeschwindigkeit von 120 km/h, kurzfristig sogar eine Spitze von 145 km/h.
Hat die Batterie eine untere Ladeschwelle erreicht, startet der Verbrennungsmotor. Je nach Anforderung stehen zwei Betriebspunkte zur Verfügung. Bei niedrigeren Geschwindigkeiten kann eine Leistung von 15 kW abgerufen werden, bei höheren Geschwindigkeiten stehen die vollen 30 kW zur Verfügung.
Mehr Effizienz durch zwei Betriebspunkte
„Die zwei Betriebspunkte liegen bei 2000 und 4000 Umdrehungen pro Minute“, erklärt Dr. Warth. Zu den Kosten sagt er: „Für ein Kompaktklassefahrzeug bei gleichbleibender Reichweite wie beim konventionell betriebenen gehen wir von Kosten aus, die bei rund 115 Prozent liegen werden.“
Einen anderen Ansatz verfolgt der Systemlieferant für Pkw-Getriebesysteme Getrag bei seinem Range Extender Antriebssystem Boosted Range Extender 2RET300. „Wir sehen im Range Extender einen Mix zwischen Parallel- und Seriell-Hybrid“, sagt Dr. Ulrich Knödel. Dazu brauche man, so der Chief Engineer eDRiVE weiter, verschiedenste Betriebsmodi, die man bedienen können müsse. „Deswegen sehen die Getriebe anders aus und deswegen beschäftigen wir uns mit dem Range Extender“, erläutert er die Motivation für die Entwicklung.
„Bei dem in Eigenverantwortung von Getrag entwickelten Projekt sind wir im Wesentlichen für die Antriebstrang-Technologie, also das Getriebe zuständig“, erläutert Dr. Knödel die Zusammenhänge. Die E-Maschinen-Technologie sowie das eine oder andere Engineering habe man von Partnern bezogen, z. B. den Verbrennungsmotor von Ford.
Das Boosted Range Extender Konzept kombiniert einen 3-Zylinder 1-Liter-Benzinmotor und einen 90-kW-Elektromotor mit einem lastschaltfähigen Zwei-Gang-Getriebe. Die zwei Gänge werden sowohl von der E-Maschine, als auch vom Verbrenner genutzt, jedoch mit unterschiedlichen Gesamtübersetzungen. Darin entspricht die Übersetzung beim Verbrenner im ersten Gang einem konventionellen 3. Gang und im zweiten in etwa einem 5. Gang. Die E-Maschine wird hauptsächlich im zweiten Gang (i=6,87) betrieben, da dieser für den Großteil der Fahrsituationen ausreicht. „Wir können daher nicht mit dem Verbrenner anfahren“, erläutert Dr. Knödel, „sondern wir fahren grundsätzlich elektrisch, sowohl vorwärts als auch rückwärts.“ So spare man eine Anfahrkupplung und schalte den Verbrenner bei entsprechender Fahrgeschwindigkeit mit einer Klauenkupplung zu.
Beim rein elektrischen Fahren übernimmt der Elektromotor, gespeist aus der 14-kWh-Batterie, den Antrieb des Fahrzeuges. Generell wird bei niedrigem Ladestand der Batterie der Verbrennungsmotor gestartet. Bei geringeren Geschwindigkeiten wird die Batterie im seriellen Hybridmodus aufgeladen. Steigt die Geschwindigkeit, wird der Verbrennungsmotor über das Zwei-Gang-Getriebe direkt mechanisch mit dem Abtrieb verbunden. So lässt sich die gesamte installierte elektro- und verbrennungsmotorische Leistung zum Vortrieb nutzen.
Der neue Antriebsstrang wurde in ein Demonstratorfahrzeug, einen Ford Fiesta, integriert. „Wir sind noch in der Versuchsphase und suchen jetzt einen Partner, der mit uns die nächste Phase angeht, in der wir die enormen Erkenntnisse unserer Testkilometer einbringen können. Ziel ist ein Fahrzeug, das mittelfristig für die Serie geeignet ist “, beschreibt Dr. Knödel die derzeitige Situation.
Opel Ampera bewährt sich in der Praxis
Während sich die beiden genannten Konzepte noch in der Erprobung befinden, ist der Opel Ampera mit seinem Range Extender schon im Markt. „Unser Ziel war es, das Antriebssystem von der Leistungsfähigkeit her so auszulegen, dass beim rein elektrischen Fahren die volle Leistung erreicht wird“, erklärt Dr. Christian Kunstmann. „Dazu setzen wir einen großen Elektromotor mit einer Antriebsleistung von 111 kW ein“, so der Leiter Elektrofahrzeugentwicklung Europa weiter, „der die gesamte Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit rein elektrisch realisiert.“ Die Lithium-Ionen-Batterie hat eine Gesamtkapazität von 16 kWh und erlaubt Fahrstrecken zwischen 40 und 80 km bei emissionsfreiem Fahrbetrieb.
Das Herz des Ampera, das elektrische Voltec-Antriebssystem, besteht aus dem Hauptelektromotor, einem Generator mit 55 kW, der auch als E-Motor zum Einsatz kommt, und einem Planetengetriebe. Da bei höheren Geschwindigkeiten und damit höheren Drehzahlen der Wirkungsgrad des E-Motors zurückgeht, wird der 55-kW-Elektromotor über das Planetengetriebe automatisch zugeschaltet. „Die Drehzahlen der beiden Motoren addieren sich im Getriebe“, so Dr. Kunstmann. „So können wir die Drehzahl der großen Maschine reduzieren und einen besseren Wirkungsgrad erzielen.“
Erreicht der Ladezustand der Batterie ein definiertes Minimum, startet der 63 kW starke 1,4-Liter-Benzinmotor, treibt den Generator an und erzeugt die elektrische Leistung für den Hauptmotor. „Diesen seriellen Hybrid nutzen wir bei Konstantfahrten und Beschleunigungen im unteren und mittleren Geschwindigkeitsbereich“, sagt Dr. Kunstmann. „Bei höheren Geschwindigkeiten mit leerer Batterie auf der Autobahn schalten wir den Generator über eine Kupplung an das Planetengetriebe“, erklärt er die vierte Betriebsart. Über eine Leistungsverzweigung geht dann ein Teil der mechanischen Leistung in das Planetengetriebe, der andere Teil dient der Stromerzeugung für den Hauptantrieb. „Wir erzielen so einen besseren Gesamtwirkungsgrad und verbrauchen im Prinzip weniger Treibstoff“, zieht Dr. Kunstmann ein Fazit. Der Opel Ampera kommt so auf eine Reichweite von mehr als 500 km.
Wie diese Beispiele zeigen, werden Range Extender-Konzepte zunehmend Elektro-Fahrzeuge langstreckentauglich machen.
Opel, Tel.: 06142 7-60178,
E-Mail: uwe.deller@de.opel.com
Getrag, Tel.: 07131 644-5848,
E-Mail: carmen.hickl@getrag.com
Mahle, Tel.: 0711 501 12199,
E-Mail: ruben.danisch@mahle.com
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