Um Sensoren für die Motorserie perfekt zu applizieren, ist eine komplexe Prüfstands-Sensorik notwendig. Es muss sichergestellt werden, dass die Seriensensoren die physikalischen Bedingungen in ausreichender Güte abbilden können. Dies kann nur mit perfekter Prüfstandsausrüstung gelingen. Am Motor gibt es vier Gasvolumenströme, die für den Motorentwickler interessant sind:
- Frischluft: Die wichtigste, primäre Gasmenge zur Regelung des Motors.
- Abgasrückführung (AGR/EGR): Abgas, das der Frischluft zugemischt wird, um den O2-Gehalt im Zylinder zu reduzieren. Hiermit lässt sich die Verbrennungsgeschwindigkeit und -temperatur im Zylinder NOx-optimal regeln.
- Kurbelgehäuseentlüftung (Blow-By): Messung von Leckagen an Zylindern und Ventilen zur Identifikation von Verschleiß oder Defekten am Motor.
- Abgas: Messung zur Überprüfung der Gesamtmassenbilanz mit Brennstoff und zur Ermittlung von Falschluft und Leckagen am Motor.
Die Lambda- und AGR-Regelung kann nur gelingen, wenn die Luftmenge zum Motor präzise definiert ist. Die meisten Motorhersteller setzen auch in Serie Luftmassensensorik ein. Deren Applikation am Motor gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Entwicklung. Seriensensoren unterliegen am Motor nämlich einer Vielzahl von Einflüssen, die sich in hohem Maße auf die Messgenauigkeit auswirken: Einlaufstrecke, Pulsation, Alterung, Druck- und Temperaturänderung um nur einige zu nennen. Eine perfekte Referenz am Prüfstand ist daher unabdingbar um die Seriensensoren zu applizieren.
In Vergangenheit waren thermische Durchflussmesser der Standard als Prüfstandsreferenz. Nur, thermische Durchflussmesser genügen den erhöhten Anforderungen nicht mehr: Erstens driften thermische Durchflussmesser schnell, was zu Rekalibrierintervallen von teilweise nur drei Monaten führt. Zweitens sind sie pulsationsempfindlich: Das führt oft zu unerklärlichen – oder noch schlimmer – unerkannten Luftmassenfehlern am Prüfstand. Um dieses Problem zu heilen, werden Pulsationsdämpfer eingesetzt, die die Messdynamik verschlechtern. Eine hohe Messdynamik ist jedoch für die Untersuchung transienter Motorzustände unabdingbar. An modernen Prüfständen ersetzen deshalb vermehrt Ultraschall- oder Differenzdruckmessungen die thermischen Durchflussmesser.
Bei ausreichender Messrate sind Ultraschallzähler nicht pulsationsempfindlich; außerdem sind keine Pulsationsdämpfer und die damit einhergehende Dynamikreduktion notwendig. Auch die Rekalibrierintervalle sind nicht so kurz wie bei thermischen Durchflussmessern, da die Ultraschallmessung keine analoge Widerstandsmessung nutzt, sondern eine Zeitmessung. Bei der Ultraschallmessung ist zu beachten, dass Kondensate die Schallübertragung stören können. Da es sich um eine reine Geschwindigkeitsmessung handelt, muss zusätzlich die Luftdichte ermittelt werden. Außerdem können Ultraschallmessungen nur in einem kleinen Druck- und Temperaturbereich eingesetzt werden, typisch bei -20 bis 60 °C.
Differenzdruckbasierte Messsystem löst viele Anforderungen
Das differenzdruckbasierte Messsystem Deltaflow B von Systec Controls löst viele Anforderungen der Frischluftmessung: Durch die hohe Messrate von 2KHz können Pulsationen gemessen und gefiltert werden, transiente Betriebszustände lassen sich in Echtzeit messen. Die Sensorik ist unempfindlich gegenüber Staub und Kondensaten. Je nach Bauform können Durchflüsse bei Temperaturen von mehr als 1000 °C gemessen werden. Damit ist auch der Einsatz im Abgas möglich. Die integrierte Druck- und Temperatursensorik ist driftarm was lange Kalibrierintervalle ermöglicht. Das Messsystem ermittelt direkt den Massenstrom, zusätzliche Dichteumwerter sind überflüssig. Durch den Einsatz von drei multivariablen Staudrucksonden in einem Messquerschnitt wird eine hohe Genauigkeit auch bei schlechten Einlaufbedingungen erreicht. Die drei Staudrucksonden kommunizieren über CAN mit einem Auswertrechner, der die Messwerte mittelt und redundant gegenseitig überwacht. Durch diese Redundanz fallen auch Messwertabweichungen oder Sensordrift auf.
Abgasrückführung mit Differenzdruckmessungen nach dem Venturiprinzip
Zur Bestimmung der AGR-Menge gibt es zwei gängige Möglichkeiten am Prüfstand: Das errechnen mittels einer Kohlenstoffbilanz auf Basis der Gasanalyse oder die direkte Messung nach dem Differenzdruckprinzip. Die Bestimmung über die Kohlenstoffbilanz ist nicht besonders genau; sie wird dennoch häufig bevorzugt, da diese rückwirkungsfrei auf den Motor ist. Häufig ist das Ziel der Motorentwickler möglichst viel Abgas zurück in den Zylinder zu bringen um die NOx zu reduzieren. Der Einbau einer Referenzmessung erweist sich als problematisch, da diese die Druckverluste und die Thermodynamik des Abgases ändert, die Messung selbst also die Motorcharakteristik beeinflusst (rückwirkt). Entschließen sich Motorentwickler zur direkten Messung, gilt es diese Rückwirkung möglichst gering zu halten (also kleine Druckverluste). Ausnahme sind die Motoren, die in Serie ebenfalls einen AGR-Gasmassensensor einsetzen. Dies sind fast ausschließlich Differenzdruckmessungen nach dem Venturiprinzip. Diese Venturis können doppelt „angezapft“ werden, mit dem Serien-Sensor und parallel mit einer optimierten, deutlich genaueren Prüfstandssensorik. Damit ist eine rückwirkungsfreie Referenzmessung möglich. Als Referenzmessung kommt das Messsystem Deltaflow H des Herstellers zum Einsatz. Das CAN-basierte System verwendet dasselbe Messsystem Deltaflow B, jedoch wird die Sensorik motorfern, über Schläuche mit der Venturi verbunden. Damit ist das System temperaturunempfindlich und Kondensate fallen in den Leitungen zur Sensorik bereits aus. Mit Deltaflow H sind sowohl hochdynamische Messungen für den transienten Betrieb, als auch besonders präzise Messungen für den stationären Betrieb möglich, einfach durch das Zuschalten eines Druckspeichers, der ein pneumatisches Dämpfungssystem darstellt.
Kurbelgehäuseentlüfung – langzeitstabile Messung
Der Gas-Schlupf der Zylinder und Ventilführungen in das Kurbelgehäuse ist ein Maß für deren Dichtigkeit und damit für den Verschleiß des Motors beziehungsweise die Fähigkeit des Serienprozesses nach der Herstellung der Motoren. Blow-By kann höhere Temperaturen aufweisen und enthält neben Luft und Abgas auch Ölnebel, NHC’s und andere Verschmutzungen. Diese rauen Anforderungen definieren wiederum die Differenzdruckmessung als geeignetes Verfahren. Als Differenzdruckgeber (Primärelement) empfiehlt sich hier eine Blendenbrücke mit leicht wechselbaren Blendenscheiben wie die Deltaflow DF8 des Herstellers. Durch den Öffnungsdurchmesser der Blendenscheibe kann ein geeigneter Messbereich gewählt werden und damit vom Kleinmotor bis zum Schiffsdiesel jeder Blowby erfasst werden. Als Auswertung eignet sich auch hier wieder das Messsystem mit dem präzise und langzeitstabile Messungen möglich sind, also die Alterung und der Verschleiß des Motors präzise erfasst werden können.
Abgasmessung – druckverlustarm, präzise
Am Motorprüfstand ist die Messung von Abgasen eigentlich redundant, schließt aber die Bilanz und deckt Leckagen am Motor auf. Leckagen sind deutlich häufiger als vermutet, insbesondere am Motorprüfstand, wo häufig umgebaut und provisorisch verrohrt wird. Besonders schwer zu finden sind Leckagen auf der Saugseite des Motors, da hier kein Abblasen stattfindet, sondern Falschluft angesaugt wird, die weder akustisch noch durch Leckagespray aufzudecken ist. Selbst vermeintlich kleine Leckagen an Schlauchschellen oder undichten Sensoröffnungen bringen schnell 1 – 2% Falschluft. Diese Zusatzunsicherheiten findet man mit einer geschlossenen Motorbilanz durch eine Abgasmengenmessung. Eine druckverlustarme Differenzdruckmessung mittels Staudrucksonden bewährt sich hier an vielen Motorprüfständen. Die Deltaflow DF25 ist präzise, resistent gegen Verschmutzungen und bei praktisch jedem Temperaturbereich einsetzbar. Als kalibrierte Messstrecke besitzt die Sonde ein rückführbares Kalibrierzertifikat und schließt mit Kraftstoff und Luftmenge die Massenbilanz am Motor zuverlässig. (jg)
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