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Auf die leichte Art

Lightweight Reinforced Thermoplastics (LWRT) für den Fahrzeugunterboden
Auf die leichte Art

Bei modernen Fahrzeugkonzepten spielen Unterbodenkomponenten in Bezug auf Kraftstoffeffizienz, Korrosionsschutz, Fahrverhalten sowie Außen- und Innengeräusche eine wesentliche Rolle. Um in diesen Bereichen optimale Resultate zu erzielen, sind zusätzliche Anbauteile notwendig, die jedoch das Gesamtgewicht signifikant erhöhen. Leichtbauwerkstoffe wie LWRT verbessern die Fahrzeugperformance bei vergleichbar geringer Gewichtszunahme. So lassen sich gegenüber anderen Materialien wie glasmattenverstärkten Thermoplasten (GMT) Gewichtseinsparungen von bis zu 50 % realisieren.

Der Autor: Egon Moos, Product Manager Underbody, Röchling Automotive SE & Co. KG, Mannheim

Ein hohes Potenzial bieten dabei integrierte Lösungen, bei denen Unterbodenverkleidungen, Karosserie und Teppich in einem einzigen Bauteil verschmelzen. Das von Röchling Automotive entwickelte Material Stratura unterstützt beispielsweise diese Mischbauweise von Karosserien und bietet gleichzeitig eine hohe Festigkeit gepaart mit hervorragenden Isolationseigenschaften.
Bereits in den 1980er-Jahren gab es erste Unterbodenkomponenten wie Motorabschirmungen, die ein Gewicht von mehr als 2500 g/m2 aufwiesen. Im weiteren Verlauf folgten Seitenteile für aerodynamische Verbesserungen und der Wegfall der PVC-Beschichtung. Leichtbau bestand in erster Linie darin, die Dicke der GMT-Bauteile von 2,5 auf 1,5 mm zu verringern, was zu geringerer Steifigkeit und sinkender Ausreißkraft führte.
Erste Komponenten aus LWRT beseitigten diese Nachteile und ein neues Design erhöhte zugleich die Biegefestigkeit, da die Dicke nun 4 bis 6 mm betrug. Das Flächengewicht der ersten Materialgeneration lag bei 1500 bis 1700 g/m2 und sank in der weiteren Entwicklung auf durchschnittlich 1300 g/m2, die Hälfte des ursprünglichen Gewichts. Mit Produkten wie Seeberlite gehört Röchling Automotive seit Jahren zu den Pionieren auf dem Gebiet der LWRT-Applikationen.
Material und Aufbau
LWRT-Werkstoffe basieren auf einem Vliesmaterial und sind ein Mix aus Glasfaser mit thermoplastischen Fasern aus Polypropylen oder Polyester. Dadurch erhält der Vliesstoff, der bisher u. a. für Dachhimmel und Radhausschalen verwendet wurde, neue Eigenschaften. Die Herausforderung besteht in erster Linie darin, hohe Steifigkeit bei niedrigem Gewicht zu erzielen und gleichzeitig die Anzahl der Befestigungspunkte zu reduzieren.
Um dieses Problem zu lösen, entwickelten die Ingenieure bei Röchling Automotive eine mehrlagige sandwichartige Struktur, die sich hinsichtlich Steifigkeit, Stärke und akustischen Eigenschaften individuell den kundenspezifischen Anforderungen entsprechend anpassen lässt. So ist es u. a. möglich, die straßenseitige Schicht besser gegen Steinschlag zu schützen und die motorseitige Schicht mit höherer oder niedrigerer Porosität auszustatten, um ein besseres NVH-Verhalten zu erzielen. Dank der offenporigen Struktur, die Geräusche von beiden Seiten des Bauteils absorbiert, d. h. sowohl Reifen- als auch Motorgeräusche, ist das LWRT-Material besonders geeignet, um bestehende NVH-Lösungen wie zusätzliche Absorber auf den Komponenten zu ersetzen.
Vereinfachte Produktion
Während die ersten Teile aus GMT im Fließpressverfahren mit Drücken von bis zu 200 bar gefertigt wurden, benötigt die Herstellung von LWRT-Komponenten nur noch ungefähr 10 bar Druck. Der Niederdruck-Produktionsprozess ermöglicht darüber hinaus auch ein neues Werkzeugkonzept. Kamen bei der Fertigung von GMT ein spezielles Tauchkantenwerkzeug sowie ein zusätzliches Stanzwerkzeug zum Einsatz, erfolgt das Formpressen und Stanzen bei der Verarbeitung von LWRT in einem Arbeitsschritt. Das Trimmen der Kanten durch Wasserstrahltechnologie ist die wirtschaftlichste Methode, aber auch Laserschneiden und Stanzen sind möglich. Zudem entwickelte Röchling Automotive neue Fertigungsstraßen, um großflächige Bauteile und hohe Stückzahlen im Niederdruck-Formpressen produzieren zu können.
Vorteile bei Verbrauch und Sicherheit
Der Anteil des Unterbodens am Luftwiderstand des Fahrzeugs ist im Vergleich zu Exterieurbauteilen deutlich geringer. Unterbodenkomponenten sind jedoch in der Regel nicht sichtbar am Fahrzeug angebracht, was es den Ingenieuren erlaubt, Bauteile mit optimalen aerodynamischen Eigenschaften zu konstruieren. So verbessern integrierte Spoiler die Strömungseigenschaften, da diese den Luftstrom am Fahrzeugunterboden um bewegliche Achskomponenten herumleiten.
Die optimierte Aerodynamik wirkt sich in erster Linie positiv auf die Kraftstoffeffizienz aus, jedoch stehen nicht ausschließlich Verbrauchssenkungen im Vordergrund. Auch sicherheitsrelevante Aspekte sind von Bedeutung, denn speziell gestaltete Unterbodenbauteile leisten einen wesentlichen Beitrag zur Fahrdynamik. Gerade in kritischen Situationen wie bei hohen Geschwindigkeiten oder beim Anheben der Hinterachse tragen die an das Fahrzeugkonzept angepassten Unterbodenteile dazu bei, die Sicherheit des Fahrzeugs zu verbessern.
NVH-Optimierungen steigern Komfort
Abgesehen von den Sicherheits- und Verbrauchsvorteilen führt der Wechsel von GMT zu LWRT als bevorzugtem Material zusätzlich zu optimierten Akustikeigenschaften. So gelang es im Laufe des Entwicklungsprozesses immer besser, die Geräusche von Frequenzen über 1000 Hz zu absorbieren. Bei einem Fahrzeug aus dem Jahr 2001 verfügten ausschließlich die Motorabschirmung sowie der Mittelteil über zusätzliche Absorber für die karosserieseitigen Geräusche von Motor und Getriebe. Beim 2008er-Modell fungiert nahezu die komplette Fläche des Unterbodens als Absorber. Selbst in Bereichen, in denen eine Abschirmung aus Aluminium aufgrund der hohen Temperaturen notwendig ist, erfolgt eine Geräuschabsorption durch die mikroperforierte Struktur des Leichtmetalls. Messungen in einer Alpha-Kabine verdeutlichen den Unterschied zwischen einem Material mit punktuellen Absorbern auf einer Seite und dem LWRT-Konzept. Außen- und Innengeräuschprüfungen bestätigten ebenfalls das hervorragende Absorptionsverhalten des Leichtbau-Unterbodens.
Verbessertes Thermomanagement
Neben aerodynamischen und akustischen Optimierungen ermöglichen die Unterbodenbauteile von Röchling Automotive auch ein gezieltes Kühlen von Antriebskomponenten wie Motor und Getriebe. Speziell designte Kanäle und Öffnungen führen entweder kühle Luft zu den hitzeintensiven Punkten oder heiße Luft aus dem Motorraum heraus. Darüber hinaus lässt sich die Temperaturbeständigkeit des LWRT-Materials durch den zusätzlichen Einsatz von dünnen Aluminiumblechen (0,1 µm) oder duroplastischem Material steigern. Das Material aus der Syntralite-Familie zeichnet sich z. B. durch seine selbstlöschenden Eigenschaften aus, während das neue Isoraloft fest, leicht und mit hervorragenden thermoakustischen Attributen ausgestattet ist.
Ein weiteres Anwendungsgebiet für LWRT ist die thermische Kapselung des kompletten Motorraums, wobei die Motorabschirmung bereits einen Teil des Gesamtkonzepts darstellt. Hier bieten vor allem die niedrige Wärmeleitfähigkeit von LWRT sowie seine steife, selbsttragende Struktur Vorteile gegenüber eingeschäumten Bauteilen aus PUR (Polyurethan).
Röchling, Tel.: 06241 844-249/-612, egon.moos@roechling-automotive.de
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