Dass Energieeffizienz auch von vermeintlichen Nebensächlich- keiten abhängen kann, beweist ein neuer Werkstoff, der speziell für zukünftige effizientere Pkw-Antriebe entwickelt wurde. Das Ziel: Den Wirkungsgrad neuer elektrischer Antriebskonzepte noch weiter zu erhöhen.
So genannte Elektrobleche gehören – obwohl von außen nicht sichtbar – zu den Schlüsselmaterialien im Motoren- und Transformatorbau. Richtig ausgewählt sind sie entscheidend für einen optimalen Wirkungsgrad. Die von Thyssen Krupp Steel (TKS) für hocheffiziente Elektromotoren entwickelte Stahlsorte 330-30AP wurde deshalb speziell auf die Bedingungen im Kraftfahrzeug abgestimmt:
- begrenzter Bauraum
- hohe Drehzahlen und
- hohen Temperaturen.
330-30AP ist sowohl für Hybridantriebe als auch für vollelektrische Antriebe geeignet. Laut Entwicklungsingenieur Dr. Andreas Basteck wird bei Anwendungen für Elektromotoren nichtkornorientiertes Elektroband benötigt: „Die geforderten guten Eigenschaften werden erreicht durch die Legierungsbestandteile und den späteren Walzvorgang.“ Es entsteht so eine weichmagnetische Stahlsorte, die sich durch einen Silizium-Aluminiumgehalt bis 4,5 % und niedrige Kohlenstoffanteile <30 bis 50 ppm auszeichnet.
Vorteil ist, dass das Material im Eisenkern der Elektromotoren den magnetischen Fluss bündelt und verstärkt. Dieses steht im direkten Zusammenhang mit weiteren Qualitätskriterien wie der spezifische Ummagnetisierungsverlust und die Polarisation. Zur Erinnerung: Als Pola- risation wird die Dichte des magnetischen Flusses und damit die Kraft des durch den Werkstoff erzeugbaren Magnetfeldes bezeichnet. Sie wird in Tesla gemessen und ist ausschlaggebend für das Drehmoment von Elektromotoren. Beim Ummagnetisierungsverlust geht es darum, welchen Widerstand die magnetischen Momente des Werkstoffs der Neuausrichtung durch ein anliegendes Wechselfeld entgegensetzen. Er wird in Watt pro Kilogramm gemessen und beschreibt, wie viel elektrische Energie nicht in Bewegung umgewandelt wird, sondern als Wärme verpufft.
Hohe Temperaturen: Kein Problem
Hybridmotoren, bei denen der E-Motor an den Verbrennungsmotor gekoppelt ist, erreichen Drehzahlen >6000 min-1. Dabei kann der elektrische Teil des Antriebs bis zu 150 °C heiß werden. Bei vollelektrischen Antrieben kann die Drehzahl sogar bis zu 20 000 min-1 betragen. Für die Auslegung des Elektrobandes ist deshalb die Frequenz relevant, mit der die Ausrichtung des magnetischen Feldes wechselt. Sie bestimmt, wie häufig Ummagnetisierungsverluste entstehen und wie viel Wärme dabei frei wird. Die Frequenz ergibt sich aus der Drehzahl und der Anzahl der magnetischen Polpaare des jeweiligen Elektromotors. Ein Beispiel: Bei einem mit acht Polpaaren bestückten Elektromotor und einer Drehzahl von 6000 min-1 beträgt die Frequenz der Ummagnetisierung 800 Hz.
Aus diesem Szenario ergaben sich die Entwicklungsziele für die Werkstoffforscher von TKS. Elektroband für elektrische Kfz-Antriebe braucht vor allem einen möglichst niedrigen Ummagnetisierungsverlust und eine gute Wärmeleitfähigkeit. Außerdem wichtig: Hohe Polarisa- tionswerte für das Drehmoment und gute Verarbeitungseigenschaften, damit Hybrid- und vollelektrische Antriebe künftig wirtschaftlich gefertigt werden können. Die Eisenkerne bestehen derzeit üblicherweise aus mehreren gestanzten, 0,35 bis 1 mm dünnen und zu Paketen gebündelten Einzelblechen.
Diese Verluste lassen sich beim nichtkornorientiertem Elektroband verringern, indem man den Silizium-Aluminiumanteil erhöht. Allerdings hat dies die Nebenwirkung, dass sich Polarisation und Wärmeleitfähigkeit verschlechtern. Eine weitere Möglichkeit, Ummagnetisierungsverluste niedrig zu halten, ist die Verringerung der Blechdicke. Der neue Werkstoff ist in allen Punkten besser als derzeit verfügbare Materialien.
Thyssen Krupp Steel; Telefon: 0203 52-45185; E-Mail: bernd.overmaat@ tks.thyssenkrupp.com
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