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Bosch senkt mit umfassendem Thermomanagement NOx-Emissionen

Diesel-Verbrennungsmotor
Bosch senkt mit umfassendem Thermomanagement NOx-Emissionen

Niedrige NOx-Emissionswerte im praktischen Fahrberieb (RDE-Messzyklus) sind machbar. Die Robert Bosch GmbH hat Diesel-Versuchsträger ohne aufwändige neue Techniken aufgebaut, bei denen vor allem ein verbessertes Thermomanagement für durchschnittlich nur noch 13 Gramm NOx pro Kilometer sorgt.

Hartmut Hammer, freier Mitarbeiter der KEM Automobilkonstruktion, Leutenbach

Zwei sehr wirkungsvolle Maßnahmen für niedrige Stickoxid-Emissionen kristallisierten sich in einem aufwändigen Forschungsprojekt der Bosch-Ingenieure heraus. Zum einen

  • eine Reduktion der Rohemissionen vor dem „Anspringen“ der Abgasreinigung und parallel dazu ein möglichst schnelles und energieeffizientes Aufheizen der Katalysatoren auf Betriebstemperatur.
  • Zum anderen wird in den Versuchsfahrzeugen die Abgastemperatur möglichst konstant über 200 °C gehalten, damit die Abgasnachbehandlung – vor allem das SCR-System – während der ganzen Fahrt optimal arbeitet.

Grundvoraussetzung ist, dass der Motor mindestens der Euro 6d entspricht und ein SCR-System an Bord hat. Ergänzend hat Bosch den Abgasturbolader auf ein schnelles Ansprechen und gutes Verhalten bei Teillast modifiziert, weniger auf Höchstleistung. Zusammen mit einer Hoch- und Niederdruck-Abgasrückführung soll damit ein reaktionsschnelles Luftsystem zur Verfügung stehen, das den unterschiedlichen Lastanforderungen gerecht wird. Hinzu kommt ein erweitertes Arsenal an Sensoren, die im Motor, im Abgasstrang und in der Umgebung, alle relevanten Parameter erfassen. Im Abgasstrang setzt Bosch auf eine motornah verbaute Einheit aus SCR-Katalysator und Partikelfilter sowie einen zusätzlichen SCR-Katalysator nach der Abgasrückführung. Die größte Wirksamkeit entfalten jedoch umfangreiche, neu entwickelte Software-Algorithmen.

Unter dem Strich soll dieses Technikpaket die OEMs nur etwa 100 Euro zusätzlich kosten. Obwohl es sich weitgehend um Serien- oder seriennahe Technik handelt, wird das Maßnahmenpaket erst in zwei bis drei Jahren in Neufahrzeugen verfügbar sein. OEMs wie Daimler haben zwar schon einige der Ideen in ihren neuen Dieselmotoren umgesetzt und gute NOx-Werte unterhalb der RDE-Grenzwerte erreicht. Bis alle Hersteller ihre Dieselaggregate auf diesen Stand gebracht haben, können noch Jahre und viele Millioneninvestitionen in modifizierte oder neue Motorengenerationen ins Land gehen. Auf einem anderen Blatt steht, ob OEMs noch willens sind, diese Investitionsrisiken einzugehen – siehe Toyota, Nissan, Volvo und FCA, die alle den Abschied aus der Dieseltechnik planen.

Alles geregelt

Um die Motoren weiterhin attraktiv zu machen, forscht Bosch weiter an Verbesserungsmöglichkeiten. Für geringe Kaltstart-Rohemissionen – wichtig vor dem Anspringen der Abgasreinigung – nutzt das Unternehmen beispielsweise eine späte Verbrennungslage. Diese Maßnahme hilft, die Stickoxidbildung abzuschwächen und bewirkt bei gegebener Leistung durch ihren tendenziell schlechteren Wirkungsgrad eine höhere Abgastemperatur. Ergänzend sorgen Nacheinspritzungen für heißeres Abgas. Den stabilen Ablauf der späten Verbrennungslagen unterstützt man durch ein Nachglühen während der Warmlaufphase.

Als weiteres Instrument nutzt Bosch die im Versuchsmotor – einem EA 288 von Volkswagen – vorhandene Abgasklappe. Sie optimiert in Serie primär den für das Niederdruck-Abgasrückführungs (AGR)-System wichtigen Differenzdruck. Bosch nutzt die Klappe zum Aufbau von mehr Abgasgegendruck, was ebenfalls den Wirkungsgrad etwas verschlechtert und den Motor schneller erwärmt.

Um die Abgastemperatur selbst in Niedriglast- und Schubphasen möglichst konstant über 200 °C zu halten, wird im Versuchsträger beispielsweise im Schiebebetrieb die Drosselklappe geschlossen. Das reduziert den Durchsatz an kühlerer, unverbrannter Luft und somit die Auskühlung der Katalysatoren. Die geringfügig höheren Drosselverluste nimmt man dafür in Kauf. Zusätzlich nutzt Bosch für die Temperaturerhaltung die umfangreichen Regelungsmöglichkeiten des Hochdruck- und Niederdruck-AGR-Systems.

Geringer Mehrverbrauch

Allerdings wirken sich die Thermomanagement-Maßnahmen geringfügig auf den Kraftstoffverbrauch aus. Bosch rechnet in speziellen Niedriglast- und Stop-and-Go-Zyklen mit einer Verbrauchserhöhung im mittleren einstelligen Prozentbereich. Umgerechnet auf das Gesamt-Fahrprofil soll unter dem Strich ein niedriger einstelliger Mehrverbrauch stehen. Auch der Adblue-Verbrauch wird angesichts der intensiven selektiven katalytischen Reduktion etwa steigen und laut Bosch bei einem bis 1,5 Liter pro 1000 Kilometer liegen.

Für die Zukunft sieht Bosch noch weiteres Verbesserungspotenzial. So wird aktuell untersucht, wie die Wärmeverluste bei Kaltstart mit anschließender Niedriglastfahrt durch eine variable Ventilsteuerung und einen Turbolader mit Wastegate weiter reduziert werden können. Im Abgasstrang könnte eine Kombination aus SCR- und Speicherkatalysator die NOx-Konvertierung weiter verbessern. Alternativ scheint auch eine zusätzlich zweite Eindosierung von Harnstoff vor dem zweiten SCR-Katalysator erwägenswert, um beispielsweise die NOx-Konvertierung während der Regeneration des Partikelfilters sicherzustellen. Nicht zuletzt will Bosch die Steuerungs- und Regelungsfunktionen weiterentwickeln und zum Beispiel prädiktive Algorithmen erstellen.

www.bosch-mobility-solutions.de

Mehr zur Dieselmotorenforschung des Herstellers…
hier.pro/UGXeV

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