Gefördert durch das Trendthema Elektromobilität verzeichnet die E-Motorenbranche einen Innovationsschub. Dabei laufen auch völlig neue Spieler auf den Platz. Wir haben uns bei einigen umgesehen.
Der Autor: Tobias Meyer ist freier Mitarbeiter der AutomobilKonstruktion
Alte Ideen aktuell interpretiert – oder völlig neue Konzepte
Einer der Neulinge könnte etwa die Firma Compact Dynamics aus Starnberg sein, sie hat ein neuartiges E-Motorenkonzept entworfen, das auf der bereits 1895 patentierten Transversalflussmaschine beruht. Derzeit sind bei Elektrofahrzeugen aufgrund der hohen Batteriespannungen (300 – 800 V) umfassende Schutzmaßnahmen notwendig. Diese könnten entfallen, wenn der Antrieb im Niederspannungsbereich unter 60 V mithilfe eines Axialflussmotors betrieben wird. Durch den extrem einfachen Aufbau der Kupferwicklungen verläuft der magnetische Fluss, im Gegensatz zu konventionellen Elektromotoren, nicht quer, sondern parallel zur Drehachse. Zurzeit werden diese Motoren in Kleinserien vorwiegend handgefertigt. Die im Projekt GroAx entwickelten Verfahren sollen eine Großserienfertigung des Axialflussmotors ermöglichen (Zielgröße 50 000 Stück pro Jahr) und gleichzeitig zu einer Reduktion der Herstellkosten um über 60 % bei optimierten technischen Eigenschaften führen. Unter anderem werden ein dreidimensionales Nasswickelverfahren zur Herstellung der Rotorglocke und eine komplett sensorlose Motorregelung erarbeitet.
Der permanenterregte dreiphasige E-Motor ist einfach aufgebaut und kann durch simple Größenänderung auf andere Leistungsklassen skaliert werden. Hierbei wird im Wesentlichen nur auf eine andere Wicklung und Leistungselektronik gesetzt, die Aktivkomponenten für beide Anwendungen sind baugleich, was zu Kostenvorteilen führt. Die Maschinen sind auf 48-V- und Hochvoltanwendung anpassbar.
Man habe den Transversalfluss als Basis für die sogenannte Dynax-Technologie weiterentwickelt, womit bisher nicht erreichte Leistungsdichten nun möglich würden. Bei einer Spannung von unter 60 V erreiche man 25 kW und mehr bei Drehzahlen von bis zu 10 000 min-1. Das volle Drehmoment liegt dabei bereits ab Drehzahl 1 an. Mit der Tangentialwicklung sei es laut Compact Dynamics zudem möglich, das eingesetzte Kupfer zu 100 % drehmomentbildend zu verwenden, da kein zusätzlicher Platz für Wickelköpfe notwendig ist. „Aktuell stellt der Dynax in der 48V-Anwendung den technischen Benchmark für Motoren dieser Größe mit einer Peakleistung von mehr als 25 kW (bei 58V Zwischenkreisspannung) – eine Leistungsklasse, bei der herkömmliche Asynchronmotoren nicht mehr eingesetzt werden können“, erklärt Projektleiter Oliver Schwab.
Neue Konzepte schaffen Platz und Sicherheit
Durch die Elektromobilität ergeben sich für die Automotive-Branche völlig neue Möglichkeiten. So wird etwa am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen derzeit ein luftgekühlter Radnabenmotor entwickelt. Diese Technik soll Kosten und Energieverbrauch von Elektrofahrzeugen senken, ganz einfach durch den Wegfall des klassischen mechanischen Antriebsstranges aus Kupplung, Getriebe, Differentialen und Antriebswellen. Zugleich vergrößert dies das Platzangebot im Fahrzeug und ermöglicht die Realisierung aktiver Fahrsicherheitskonzepte durch unabhängige Drehmomenteinstellung an jedem angetriebenen Rad. „In den letzten 50 Jahren hat sich immer wieder gezeigt: Wenn irgendwo Mechanik wegfällt und Elektronik dafür kommt, wird es billiger“, so Projektleiter Hermann Pleteit.
Flexibel für Nutzfahrzeuge
Das Projekt Eskam wird durch die Groschopp AG koordiniert. Die Motivation dazu resultierte aus der Erkenntnis, dass hierzulande zwar sehr starke Innovationen entstehen, es häufig aber an geeigneten Technologien für eine Serienfertigung fehlt. Auch bezüglich Wirkungsgrad und Leistungsdichte sei noch nicht das Optimum erreicht, Reserven gebe es auch bezüglich Kompaktheit und Gewicht. Meist bezieht sich die Entwicklung zudem auf ein ganz spezifisches Fahrzeug, die Übertragbarkeit des Konzepts auf andere Typen ist nicht gewährleistet, es muss wieder neu entwickelt werden. Viele Lösungen gibt es bereits für Pkw – insbesondere bei Nutzfahrzeugen, speziell auch bei Kommunal- oder Agrarfahrzeugen, gibt es jedoch kaum brauchbare Lösungen. Zur Eliminierung möglichst all dieser Defizite wurde das Projekt Eskam initiiert.
Das Herzstück des Antriebsmoduls umfasst dabei zwei schnell drehende elektrische Maschinen mit je einem mechanischen Getriebe und gemeinsamer Leistungselektronik. Die kurze Verbindung zu den Rädern übernimmt ein Subframe. Wesentliche Zielstellung des Gesamtkonzepts war eine maximale Skalierbarkeit der Komponenten. Dies gilt einerseits für die bauraumabhängigen Einbaubedingungen (Vorder- und Hinterachse – bei weitgehender Freiheit bezüglich der Wahl der Winkellage), andererseits jedoch auch für die Einstellung der Leistungsparameter, die für Kleinfahrzeuge oder auch Busse und Trucks benötigt werden. Die Auslegung der Komponenten basiert auf realitätsnahen Fahrzyklen, wobei ein geringer Kosten- und
Materialaufwand sowie eine hohe Energieeffizienz angestrebt wurden. Die Technologien für die einzelnen Bauteile von Motor und Getriebe sollen für den Leichtbau geeignet und absolut serientauglich sein.
Die fremd erregten Sychronmaschinen zeichnen sich durch eine hohe Leistungsdichte aus und können energie- und wirkungsgradoptimal betrieben werden. Als Motorleistung wurden 2 x 20 kW im Dauerbetrieb mit einer maximalen Drehzahl von 20 000 min-1 konzipiert und erzielt. Die erstellten Demonstratoren, die besonders geeignet sind für Kommunalfahrzeuge, wurden erfolgreich getestet und sind konzeptionell bezüglich der Parameter absolut skalierbar auf andere Fahrzeugvarianten, bis hin zu Bussen und Trucks. Zwei gleichwertige Regler steuern die E-Maschinen unabhängig, sodass auf ein Differenzial verzichtet werden kann und das Fahrzeug auch mit nur einer Antriebsseite manövrierfähig bleibt. Die Ölkühlung der Motoren übernimmt gleichzeitig die Schmierung des Getriebes.
Das Magnesiumgehäuse kommt mit 5 mm Wandstärke aus. Die komplette Antriebseinheit wiegt 86 kg, ein potentielles Nutzfahrzeug könnte mit 1300 kg Eigengewicht nochmals 700 kg zuladen. Dabei wird eine Steigfähigkeit von 30 % angestrebt, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 120 km/h.
E-Motor aus dem 3D-Drucker
Bei den klassischen Fertigungsverfahren wie dem Stanzen von Elektroblechen oder dem Wickeln von Kupferspulen waren in den vergangenen Jahren nur geringe Kostenreduktionen möglich. Ziel des Projekts PriMa3D der TU Chemnitz, dem Fraunhofer IFAM Dresden und Wittenstein ist es, den Elektromotor mithilfe des 3D-Drucks herzustellen. Johannes Rudolph und Fabian Lorenz haben im Labor der TU Chemnitz bereits ein fünf Zentimeter großes Teil, das in einem Elektromotor als Magnetkreis fungieren soll, in einem von ihnen entwickelten 3D-Druckverfahren gefertigt. „Unser 3D-Drucker besteht zu einem großen Teil auf Standardbauteilen – wir haben bereits bekannte additive Technologien kombiniert und modifiziert“, erläutert Rudolph. Gedruckt werde mit einer speziell hergestellten neuartigen Paste, die aus feinem Metall- oder Keramikpulver und Bindemitteln besteht. „Durch den Einsatz verschiedener Druckköpfe lässt sich das Gerät zudem schnell für unterschiedliche Druckjobs umrüsten“, ergänzt Lorenz. Die Vorteile des 3D-Druckverfahrens liegen aus Sicht der Forscher vor allem darin, dass es preisgünstig und sehr flexibel ist.
„Inzwischen sind die Grundzüge und die Entwicklungsrichtung unseres Verfahrens klar“, sagt Rudolph. So wächst im Drucker ein durch Aushärtung bereits verfestigtes, aber noch nicht belastbares Werkstück – der sogenannte Grünling. Durch eine Wärmebehandlung versintert er anschließend zu einem stabilen Körper. Als Beispiele nennen die Forscher hitzebeständige elektrische Antriebe, bei denen die isolierende Keramikummantelung gleich mitgedruckt wird.
TU Chemnitz
Tel.: +49 371 531-38938
Compact Dynamics GmbH
Tel.: +49 8151 9043-74
Groschopp AG
Tel.: +49 2162 374-102
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