Die bisherigen Pkw mit Hybridantrieb haben in der Praxis noch nicht voll überzeugt – zu teuer und zu schwer im Vergleich zum Kraftstoff-Einsparpotenzial. PSA versucht es mit einem ganz anderen Hybrid-Konzept: kein Ottomotor, kein aufwendiges Planetengetriebe. Ob das den Durchbruch bringt?
Der Autor und Testwagenfahrer Jürgen Goroncy ist freier Mitarbeiter der KEM
PSA mit den beiden Marken Citroën und Peugeot hat auf die Frage nach der besten Hybrid-Liaison von Verbrennungs- und Elektromotor eine verblüffend einfache Antwort: den Verbrennungsmotor – ein Dieselaggregat – die Vorderräder antreiben lassen, den Elektromotor völlig separat davon die Hinterräder, und koordiniert wird das ganze per Software. Das passt auf den ersten Blick auch prima zur Marke Citroën, die nach einer sehr expressiven Jugend und nachfolgender „Verbürgerlichung“ vor allem mit den DS-Modellen wieder etwas extravaganter werden will.
Design: extravagant
Rein äußerlich gelingt das mit dem DS5 sofort. Er wirkt irgendwie unangepasst, fügt sich nicht in das gängige Raster des Automobildesigns ein. Er ist mit 4,53 m nicht besonders lang, aber mit 1,85 m auffallend breit. Dazu kommt eine kühn gestaltete Frontpartie mit großen Kunststoff-Scheinwerferabdeckungen, die sich beide bis weit in die Seite hineinziehen. Die hohe Gürtellinie und ein knapp geschnittenes Dach lassen ihn geduckt erscheinen, wie auf der Flucht.
Also schnell einsteigen und losfahren. Autsch, schon hat sich ein großgewachsener Fahrer den Kopf an der massiven Dachgalerie über dem Mitteltunnel angeschlagen, die neben Ablagen auch Bedienelemente für die Jalousien des Glasdachs, für die Beleuchtung und für das Head-Up-Display beherbergt. Hat man sich dann in den bequemen Ledersitz gekuschelt, könnte man leicht auf den Gedanken kommen „Sehr eng hier drin“. Die hohe Gürtellinie und das flache Dach bewirken fast ein klaustrophobisches Gefühl, schmale Fensterschlitze verhindern den intensiven Blickkontakt mit der Umwelt, besonders nach hinten. Gerne greift man daher beim langsamen Manövrieren auf die Dienste der Einparkhilfe samt Rückfahrkamera zurück.
Kofferraum: 325 l
Weiter hinten wird es etwas ungemütlicher. Der Fond glänzt nicht gerade durch Bein- und Kopffreiheit, hier ist am ehesten zu spüren, dass der DS5 eigentlich auf der Kompaktklasse-Plattform von Citroën C4 und Peugeot 3er-Reihe basiert. Echte Mittelklassefahrzeuge sind hier geräumiger. Auch das Gepäckabteil ist mit 325 l nicht gerade üppig, die darunter angeordneten Hybridkomponenten fordern eben ihren Tribut. Wer Gepäck einladen will, muss suchen. Es gibt zwar Entriegelungstasten, aber die Klappe springt dann nur einen Spalt breit auf. Da es keinerlei Griff gibt – zumindest haben wir keinen gefunden – muss man seine Finger in den Spalt zwischen Karosserie und Klappe quetschen und letztere auf diese Weise öffnen.
Losfahren: Sollten auf den ersten Metern Schachtdeckel oder Schlaglöcher die Straße zieren, wird einem sofort bewusst, dass Citroën seine hydropneumatische Federung eben nur im „echten“ C5 anbietet. Der Bruder im Geiste – aber nicht in der Technik – DS5 ist ziemlich hart gefedert.
Elektromotor auch zuschaltbar
Kommen wir zum Spannendsten des DS5, dem Hybridantrieb. Ein 2-l-Dieselmotor mit 120 kW Leistung und 300 Nm Drehmoment bei 1750 Umdrehungen pro Minute treibt die Vorderräder an. Der Elektromotor von Bosch bringt seine 27 kW Leistung und 100 Nm Drehmoment über die Hinterräder auf die Straße. Meist treibt der Dieselmotor den DS5 an, situativ schaltet automatisch der Elektromotor zu. Der Fahrer kann diesen aber auch per Stellrad fest zuschalten und hat dann einen Allradantrieb, der beispielsweise beim Anfahren auf schlammigem oder schneebedecktem Untergrund gute Dienste leistet.
Der Allradmodus funktioniert selbst bei entladener Traktionsbatterie in eingeschränkter Form, da dann ein separater riemengetriebener Startergenerator ebenfalls von Bosch mit etwa 8 kW Leistung Strom produziert. Bei weniger als Tempo 55 und ausreichend geladener Batterie ist bei Bedarf der elektrische Modus aktiv. Bisher haben wir kein Auto mit Hybridantrieb gefahren, das bis zu 3 km elektrisch fahren konnte. Der Toyota Prius (siehe KEM Heft 5/2010) fuhr bei ähnlich klimatischen Bedingen elektrisch nicht halb so weit.
Verbrauch: Nullsummenspiel
Stirnrunzeln kommt erst beim Blick auf die Verbrauchsanzeige auf. Citroën gibt für den Testwagen einen Durchschnitts-Normverbrauch von 3,5 l pro 100 km an. Im KEM-Test waren es etwas mehr als 6 l. Es sollte Citroën – und allen Verfechtern des Hybridantriebs – zu denken geben, dass dieser Wert über den Praxiswerten eines BMW 520d Efficient Dynamics (5,4 l) oder eines Honda Accord Diesel (5,6 l) liegen. Beides wohlgemerkt deutlich größere Fahrzeuge. Ein vergleichbar großer BMW 320d Efficient Dynamics konsumierte im KEM-Test nur 4,9 bis 5 l pro 100 km.
Hier macht sich vermutlich das prinzipbedingte Mehrgewicht des Hybridantriebs bemerkbar. Denn der BMW 320d (1490 kg) und selbst die klassenhöheren BMW 520d (1695 kg) und Honda Accord (1632 kg) sind leichter als der DS5 (1735 kg). An dieser Stelle lässt es sich jetzt trefflich über Sinn oder Unsinn des Hybridantriebs streiten. Zweifellos kann das Antriebskonzept mit zwei Kraftquellen Effizienzvorteile erschließen. Nur: sind diese Effizienzvorteile groß genug, um das prinzipbedingte Mehrgewicht nicht nur auszugleichen, sondern auch reale Verbrauchsvorteile zu erzielen?
Derzeit stellt sich dieses Verhältnis bei den meisten Hybridmodellen eher als Nullsummenspiel dar. Auf alle Fälle gebührt PSA ein Lob für seine Pionierrolle beim Dieselhybrid. Eine Alternative zum deutschen Premium-Mainstream ist der DS5 allemal.
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