Drei Fraunhofer-Institute haben sich zum Ziel gesetzt, dass Brennstoffzellensysteme in der Herstellung nicht länger deutlich teurer sein müssen als herkömmliche benzinbetriebene Antriebe. Im Fraunhofer-Livestream auf der Hannover Messe digital 2021 stellen das Fraunhofer IPT, IWS und IWU exemplarisch vor, an welchen Initiativen sie in Nordrhein-Westfalen und Sachsen arbeiten und welche Ergebnisse sie damit erreichen wollen.
Systeme sollen nur noch ein Zehntel kosten
Konkret geht es um die zukünftigen Fertigungstechnologien für Brennstoffzellen. Wenn die Rechnung der Wissenschaftler aufgeht, würde die Produktion gängiger 100-kW-Brennstoffzellensysteme für Automobile dann nur noch rund 5000 Euro kosten – weniger als 10 % der bisherigen Kosten.
„Das schaffen wir nur, wenn wir vom bisherigen Manufakturbetrieb in die Massenproduktion vorstoßen – und zwar mit effektiven Technologien, die eine Fertigung von bis zu vier Brennstoffzellen-Stacks pro Minute erlauben,“ sagt Dr. Ulrike Beyer, Leiterin der Wasserstoff-Taskforce am Fraunhofer IWU.
Um in dieser Geschwindigkeit produzieren zu können, richten die Forscher ihren Blick auf die Komponenten, die das Herz der Brennstoffzelle bilden: Bipolarplatten und Membran-Elektroden-Einheiten. Diese sollen künftig durch kontinuierliche Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt werden. Mit dieser Fertigungstechnologie könnten bislang unerreicht hohe Stückzahlen produziert werden, wie sie für eine industrielle Serienfertigung notwendig sind. Sie würde an die Stelle der bisher noch stark durch manuelle Tätigkeiten geprägten Herstellung treten und würde auch den Aufbau verlässlicher Lieferketten erforderlich machen.
Wie Brennstoffzellensysteme an Benziner rankommen
Um die Herstellungskosten so zu senken, dass Brennstoffzellen die Antriebe auf Basis fossiler Brennstoffe ablösen können, müssen die Technologien eine Skalierung bis zur industriellen Massenproduktion ermöglichen. Die Institute stützen sich bei ihrem Vorhaben auch auf Einschätzungen des automobilen Wasserstoff-Marktführers Hyundai: Der OEM prognostiziert, dass bei circa 200.000 Einheiten/Jahr Skaleneffekte erzielt werden können, die vergleichbare Kosten von Wasserstofffahrzeugen gegenüber Alternativen möglich machen können.
Im Fraunhofer-Projekt Hokome arbeiten die drei Fraunhofer-Institute in Aachen, Dresden und Chemnitz daran, die Voraussetzungen für eine kostengünstige, bedarfsorientierte und skalierbare Serienproduktion von Brennstoffzellen zu schaffen.
Umstellen von Handarbeit auf Massenproduktion
Bis heute verfügt die Industrie noch nicht über ausgereifte Technologien und durchgängige Fertigungslinien für die Brennstoffzellenproduktion. Stattdessen werden Einzelkomponenten teils in Handarbeit gefertigt oder allenfalls wenig automatisiert zusammengeführt und durchlaufen zeitaufwendige Prozesse zur Qualitätsüberwachung.
Während das Fraunhofer IPT an Rolle-zu-Rolle-Verfahren für Brennstoffzellen (aus je zwei metallischen Platten und einer Membran) arbeitet und eine automatisierte Pilotlinie ins Auge fasst, entwickelt das Fraunhofer IWU neue Umformverfahren für die Bipolarplatten auf Basis des Wälzprägens. Das Fraunhofer IWS wiederum setzt auf eine neue Kohlenstoffbeschichtung von wenigen Nanometern, die im PVD-Verfahren aufgebracht wird und sich im Gegensatz zu bisher genutzen Methoden gerade auch für Bandverfahren eignet. Diese Technologie könnte die Fertigungskosten ein weiteres Mal stark reduzieren.
Fraunhofer-Gesellschaft hat „nationalen Aktionsplan“ definiert
Die Entwicklungsergebnisse zur kostengünstigen, automatisierten Massenproduktion von Brennstoffzellen der Institute fließen ein in den „Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion“ der Fraunhofer-Gesellschaft. Fraunhofer bündelt hier in fünf dezentralen Clustern in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen die Forschungskompetenzen und -initiativen von insgesamt 20 Fraunhofer-Instituten. Koordiniert wird der Nationale Aktionsplan durch das Fraunhofer IWU.
Ziel ist „der Durchbruch zur umweltfreundlichen Mobilität“
„Unser Ziel für die Brennstoffzellen-Produktion ist es, Wasserstoffantriebe technologisch und betriebswirtschaftlich so schnell wie möglich wettbewerbsfähig gegenüber klimabelastenden Alternativen zu machen“, sagt Dr. Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer IPT. „Auf Basis einer kostengünstigen Herstellung und Nutzung von Wasserstoff schaffen wir dann auch den Durchbruch hin zu umweltfreundlicher Mobilität.“ (os)
Fraunhofer-Livestream:
www.iws.fraunhofer.de/de/messen/hmi.html
Das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS
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