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Kommt der Wasserstoffmotor in mobilen Maschinen?

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Kommt der Wasserstoffmotor in mobilen Maschinen?

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In der Landwirtschaft ist das Antriebskonzept der Zukunft noch nicht gefunden. Auch wenn theoretisch bald Wasserstoff-Motoren in Traktoren verbaut werden könnten, liegen in der Praxis noch einige Steine im Weg. Daher arbeiten die Motorenbauer auch an Biogas-Traktoren.

Tobias Meyer, freier Mitarbeiter der KEM Konstruktion

Antriebstechnisch ist gefühlt die ganze Agrarbranche im Umbruch: Um bis 2050 klimaneutral zu werden, suchen alle händeringend nach einer Alternative zum fossilen Verbrenner. Unter 100 PS und im hofnahen Einsatz kann dafür durchaus der E-Motor passen. Fendt etwa beweist das mit dem E100 Vario, der ab 2024 in Serie geht. Geladen werden kann über die in der Landwirtschaft nicht mehr untypischen Solaranlagen auf Scheunen und Ställen, immer öfter teilt sich die sogenannte Agri-Photovoltaik auch direkt den Platz mit den Feldfrüchten. Soll eine Batterie aber einen über 300 kW starken Traktor ganztägig mit dem Pflug durch den Acker ziehen, müsste diese schlicht 5 m3 groß und 15 t schwer werden. Für diese Arbeiten braucht es daher nach wie vor die Leistungsdichte von flüssigen Treibstoffen. Denn auch die Brennstoffzelle hat ein Manko: Der Wasserstoff braucht viel mehr Platz auf dem Traktor als der bisherige Diesel. Und Platz ist knapp auf einer Agrarmaschine. Fendt erforscht die Brennstoffzelle daher im Vario 300, dem zweitkleinsten Modell der Produktpalette (max. 150 PS). Auch dort fand sich kein anderer Platz, als die H2-Röhren schlicht aufs Dach zu packen.

Diesel noch nicht beerdigt

Die Marktoberdorfer sind bekannt dafür, alte Zöpfe schnell abzuschneiden: Als das stufenlose Vario-Getriebe serienreif war, flogen die regulären Schaltgetriebe innerhalb kurzer Zeit aus allen Fendt-Traktoren. Für den Diesel sieht der Mutterkonzern Agco das Ende aber noch nicht, vielmehr hat man die hauseigenen Selbstzünder aus dem finnischen Werk erst kürzlich fit für die Zukunft gemacht, was sie nach eigener Aussage bereits in die Nähe eines CO2-neutralen Betriebs bringen könne: „Die wichtigste Herausforderung bei der Produktentwicklung besteht heute darin, den fossilen Kohlenstoff loszuwerden oder ihn zumindest radikal zu reduzieren“, erklärt Kari Aaltonen, Director of Engineering bei Agco Power. Die alternativen Kraftstoffe der Zukunft, wie Wasserstoff und Gas, erfordern jedoch einen Motor, der von Grund auf so konzipiert ist, dass er mit ihnen kompatibel ist. Die neue Motorengeneration Core soll später einmal mit diesen Kraftstoffen arbeiten können. Die Konstrukteure achten dabei aber nicht nur auf eine optimale Verbrennung: Das neue Design des Motors ermöglicht auch einen verbesserten Wenderadius und eine höhere Bodenfreiheit. „Der Core75 liefert ein Drehmoment von 1.450 Nm, das höchste in seiner Leistungsklasse. Der Motor ist so konzipiert, dass er sein maximales Drehmoment bereits bei 1.300 min-1 statt der sonst üblichen 1.500 min-1 erreicht. Dieses Konzept für niedrige Drehzahlen ermöglicht den niedrigsten Kraftstoffverbrauch in seiner Leistungsklasse – 188 g/kWh“, so Aaltonen. Der Motor wurde zudem mit weniger Teilen konzipiert, was zuverlässiger machen und die Wartung erleichtern soll.

Auch Daimler hat kürzlich den OM 471 in der dritten Generation vorgestellt. Optimiert wurden zum Beispiel die Geometrie der Kolbenmulde, das Einspritzdüsendesign und der Zylinderkopf, wodurch das Verdichtungsverhältnis des Reihensechszylinders von bislang 18,3:1 auf 20,3:1 stieg, was laut Daimler wiederum zu einer effizienteren Verbrennung mit nun 250 bar Spitzenzünddruck führe. Durch einen neuen hauseigenen Turbo in zwei Varianten können Fahrzeughersteller zwischen sparsamem Verbrauch oder hoher Leistung (max. 530 PS) wählen. Ein neu entwickeltes Motoröldruckregelventil ermöglicht dessen kennfeldgesteuerten Einsatz, was alle Motorkomponenten und ihre spezifischen Anforderungen etwa an Schmierung oder Kühlung berücksichtigt. Im Großtraktor Claas Xerion steckt aktuell die zweite Generation des OM 471, der Harsewinkler Hersteller wäre an dem neuen Aggregat aber ebenfalls interessiert, sobald eine Agrarversion des derzeit nur für Lkw klassifizierten Motors angeboten wird.

Wasserstoff direkt verbrennen

Auch bei Liebherr geht man derzeit mit großen Schritten in die Zukunft, Wasserstoff wird als eigener Treibstoff direkt im Motor vorangetrieben. Erste Prototypen hat die entsprechende Konzernabteilung mit Sitz in der Schweiz bereits vorgestellt: Einen 13,5-Liter-Sechszylinder mit Saugrohreinspritzung (PFI) sowie einen Vierzylinder mit 9 l Hubraum als Direkteinspritzer. Letzterer bietet ein höheres Potential in Bezug auf Verbrennungseffizienz und Leistungsdichte, wobei Liebherr auch noch andere Einspritzverfahren testet. Mit der Serienproduktion will man spätestens 2025 beginnen. Neben wasserstoffbetriebenen Motoren forscht man zudem am Einsatz von alternativen Kraftstoffen. Ein Beispiel dafür ist ein Dual-Motor, der mit einer kombinierten Wasserstoff-HVO-Einspritzung (hydriertes Pflanzenöl) bzw. mit reinem HVO betrieben werden kann. Diese Technologie soll künftig einen flexibleren Fahrzeugbetrieb mit unterschiedlichen Konfigurationen ermöglichen.

Die Deutz AG plant für 2024 ebenfalls einen sechszylindrigen Wasserstoffmotor im Bereich von 275 PS in den Markt zu bringen. Aktuell wird er bereits im Einsatz getestet, zwar als Stationärmotor, künftig aber soll er vor allem schwere Fahrzeuge antreiben. Eine Agriversion mit tragendem Kurbelgehäuse sei bei Bedarf keine große Sache, auch wenn die derzeitige Version noch nicht entsprechend gebaut ist. Als Basis dient ein bestehendes Motorenkonzept, das aber angepasst wurde: Als erstes Unterscheidungsmerkmal zum Diesel ist der H2-Motor ebenfalls ein Fremdzünder, sprich Otto-Technik. Daher braucht er eine andere Brennraumgeometrie, was auch hier großteils die Kolben realisieren. Der Kopf weißt entsprechend ebenfalls völlig andere Schwerpunkte auf: Zündkerze, Einspritzsystem im Saugrohr, höhere Kühlung, neues Aufladesystem. „Lange herrschten Ängste vor, der sehr feine Wasserstoff könnte sich auch im Kurbelgehäuse anreichern und dort explodieren. Das konnten wir aber entkräften“, versichert Deutz-Konstruktionsleiter Paul Grzeschik. Auch das Entstehen von Wasser – aus Wasserstoff und dem Sauerstoff in der Luft – im unteren Rumpfteil wird gerade ausgiebig untersucht, da es zu Korrosion und Beeinträchtigung der Schmierung führen könnte. Auch hier seien aber keine wirklichen Probleme absehbar.

Eine weitere Herausforderung für die Kölner Motorenbauer war die extreme Klopfneigung des Wasserstoffs, kein Treibstoff sei hier schlimmer. Den unkontrollierten Nebenverbrennungen kann man entweder durch Verdünnung mit Luft beikommen oder durch eine Abgasrückführung. „Mit der Verdünnung durch Luft hätte aber die Aufladung sehr viel komplexer werden müssen, zudem wäre die Leistungsdynamik schlechter gewesen, was vor allem für Traktoren aber entscheidend ist“, sagt Grzeschik. Auch wenn der Wasserstoff ohne CO2-Emission verbrennt, die Stickoxide bleiben. Denn sie entstehen, wenn der in der Luft enthaltene Stickstoff in eine Verbrennung involviert ist. Das Problem ist hier also nicht der Treibstoff. Daher braucht es weiterhin eine Abgasnachbehandlung, die aber wesentlich kleiner dimensioniert sein kann und ohne Partikelfilter auskommt.

Den klassischen Diesel vernachlässigt Deutz dabei natürlich nicht, auch hier ist inzwischen die komplette Palette für Biokraftstoffe (HVO) geeignet. Zudem werden gegen Ende des Jahrzehnts die neuen Abgasnormen in den USA erwartet, was in Europa dann entsprechend adaptiert wird. Daran arbeitet Grzeschiks Team natürlich heute schon: „Wir gehen davon aus, dass wir am Grundmotor wenig ändern müssen. Stattdessen werden verbesserte Konzepte für die Abgasnachbehandlung erwogen, die auch bei eigentlich zu kalten Abgasen sehr wirksam sind.“

Biogas als Treibstoff

New Holland hat bereits 2009 einen Traktor mit Wasserstoff-Antrieb vorgestellt. Leider ist die Brennstoffzelle aber hinsichtlich der notwendigen Serienreife noch nicht so weit, wie man sich das gewünscht hätte. Zudem benötigt diese sehr niedrige Kühlsystemtemperaturen: Wo beim Verbrenner 100 bis 110 °C möglich sind, sollten hier unter 40 °C an der kalten Seite ankommen, max. sind 55 °C möglich. Das würde ein technisch aufwändiges Kühlsystem bedeuten. New Holland forciert daher seit 2010 die Entwicklungen für den Einsatz von Biomethan. Die ersten Schritte mit kleinvolumigen Ottomotoren waren für Traktoren aber leider weniger erfolgversprechend. Die Konzernmutter CNH mit der Motoreneinheit FPT hat aber bereits tausende Erdgas-Motoren auf Diesel-Basis im Einsatz. 2013 griffen die Ingenieure daher ins eigene Regal zum 6l-Iveco-Motor aus dem Lkw. Das Resümee: Gute Leistung, aber von unten raus schwach auf der Brust. Also entschloss man sich zur kompletten Neuentwicklung auf Basis des 6,7-l-NEF-Diesels, der bereits im Traktor T6.175 steckte. Der Block blieb dabei unverändert, die erforderliche Brennraumform realisierte man über neue Kolben. „Für die Kraftstoffversorgung wurde eine Multi-Point-Einspritzung und damit quasi das Commonrail für CNG-Motoren entwickelt“, erklärt Klaus Senghaas, der bei New Holland den Bereich alternative Kraftstoffe betreut. Dafür wird die Gaszusammensetzung im Brennraum gemessen, was man sich aus dem Rennsport von Ferrari abgeschaut habe. Das verhindere den Methanschlupf, also das Entweichen von unverbranntem Gas in die Luft. Das Klopfen kann dadurch ebenfalls ohne Sensoren verhindert werden. Die Abgastemperatur ist höher als beim Diesel, weshalb der Kopf aus höherwertigem Material gefertigt werden musste. Der Turbo ist zudem wassergekühlt. Das bisher übliche Kühlsystem reicht dafür aber aus. „Die Leistungsdaten sind dem Diesel ebenbürtig, er ist sogar noch etwas spritziger“, so Senghaas. Außerdem ist er leiser und kommt daher ohne Schalldämpfer aus. Partikelfilter und SCR-Kat sind ebenfalls nicht notwendig, lediglich ein normaler 3-Wege-Kat reinigt die Abgase. Der so entstandenen Platz kommt dem Gastank zugute. Denn CNG bzw. Biomethan braucht bei 200 bar etwa das 4,2-fache Tankvolumen des Diesels. Für längere Einsätze muss daher ein Zusatztank an die Traktorfront montiert werden. Der Schlepper ist bereits zu haben und läuft in Bassildon regulär mit vom Band. Der größere T7 soll zudem als LNG-Version kommen: Dazu wird Biomethan bei -162 °C verflüssigt, was nahezu dieselbe Energiedichte wie Diesel erreicht – dafür müssen aber isolierte Tanks verbaut werden. Das Projekt steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Bei MAN arbeitet man ebenfalls an klimafreundlicheren Motorenkonzepten: „Auch künftig wird es die Hauptaufgabe sein, den Verbrauch weiter zu reduzieren, da das den größten Effekt hat: Der Nutzer spart Kraftstoff und gleichzeitig werden weniger Abgase produziert“, sagt Werner Kübler, Head of Engineering bei MAN Engines. Der Motorenbauer ist vor allem im Bereich über 250 PS unterwegs, wobei in Erntemaschinen die Pferdestärken inzwischen auch schon vierstellig geworden sind. Gerade hier sei aus Platzgründen eine hohe Energiedichte gefragt, die aktuell nur flüssige Kraftstoffe bieten könnten. Daher sieht auch Kübler die Verbrennungsmotoren noch lange nicht im aus, da sie diese Treibstoffe – egal ob fossil oder ökologisch erzeugt – nutzen können. Die Technologie für alternative Kraftstoffe bzw. Antriebe habe man im Portfolio, egal ob für Biomethan bzw. Erdgas, Methanol oder Wasserstoff. „Viel wichtiger ist die Frage, ob der Fahrzeugbauer diese auch integrieren kann und ob dessen Kunde – der Landwirt – die notwendige Infrastruktur für den Einsatz bei sich vorfindet.“ Das Nadelöhr sieht Kübler ebenfalls im Tank, der sich bei Wasserstoff und Co. derzeit noch keine Tagesration für den Acker einverleiben kann. Denn Wasserstoff in der üblichen Speicherform von 700 bar benötigt das doppelte Volumen im Vergleich zum Biomethan bei gleicher Energieausbeute, im Vergleich zum Diesel müssten die Tanks theoretisch mehr als das zehnfache Volumen aufweisen. „Wir stehen also mit Motorlösungen grundsätzlich parat, der Fahrzeugmarkt und die Infrastruktur für die Kraftstoffe ist aber wohl noch nicht ganz bereit dafür“, so Kübler.

Heute wird ein Mähdrescher möglichst zeiteffizient und einfach am Feldrand mit Diesel betankt. Das mit Biomethan oder Wasserstoff mobil zu realisieren, ist aufwendig und schwierig machbar – und damit neben der geringen Speichermenge im Fahrzeug ein weiterer Hemmschuh. „Generell sind unsere Kunden händeringend auf der Suche nach klimafreundlichen Motoren. Die physikalischen Gegebenheiten möglicher Antriebe sind allerdings mit den speziellen Anforderungen der Landtechnik an Leistung, Einsatzdauer und Tankmöglichkeiten nicht kompatibel. Denn natürlich wäre ein H2-Motor ideal, wenn er mit dem gleichen Tankvolumen wie der Diesel zurechtkäme – das geht aber eben nicht“, verdeutlicht Kübler die praktischen Probleme mit den gasförmigen Kraftstoffen. Daher sieht man bei MAN für Offroad-Anwendungen wie Agrar- und Baumaschinen trotz der vergleichsweise ungünstigeren Wirkungsgrade der Verbrennungsmotoren eher flüssige Kraftstoffe im Vorteil, was künftig neben dem Diesel auch HVO und aus klimaneutralem Strom erzeugte E-Fuels sein können.

Die Herausforderung wird sein, dass die Agrarmaschinenhersteller zwar H2-Motoren und Brennstoffzellen kaufen könnten, den dafür notwendigen Kraftstoff aber derzeit nur schwer auf den Fahrzeugen in ausreichenden Mengen gelagert bekommen.

www.fendt.com

www.newholland.com

www.man.de

www.liebherr.de

www.deutz.de

Mehr zu alternativen Antrieben für mobile Maschinen und den Fahrzeugbau auf unserer Themenseite


Im Überblick

Das Problem für Brennstoffzelle sowie Biogas- und H2-Motor im Agrarbereich: Gasförmige Treibstoffe brauchen im Vergleich zu Diesel ein Vielfaches an Platz.


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