Das neue Prüfstandkonzept der sogenannten „eChamber“ der Mooser EMC Technik ist speziell für Hochvolt-Elektroantriebe und elektrisch angetriebene Nebenaggregate ausgelegt. Mit einer installierten Antriebs- und Bremsleistung von bis zu 250 kW, Spannungen von maximal 1000 V und Stromstärken von bis zu 500 A eignet es sich für EMV-Tests an leistungsstarken E-Motoren genauso wie für Inverter, Getriebe, Kupplungen, Abtriebswellen und Achsen. Diese Komponenten lassen sich einzeln oder im Verbund bei variablen Drehzahlen und Drehmomenten auf EMV-Aspekte testen.
Die neue Kabine ist die dritte dieser Art, die Mooser seit 2008 betreibt. Die beiden anderen Messkabinen haben eine Leistung von jeweils 100 kW. Mehrere dieser Kabinen hat das Unternehmen auch schon nach Asien verkauft. Sie werden dort mit großem Erfolg eingesetzt.
Pionierrolle bei Messverfahren
„Das von Haus aus sehr umfangreiche Leistungsspektrum der eChamber wird durch mehrere selbst entwickelte Messverfahren ergänzt, die nur wir anbieten“, erläutert Jakob Mooser, Unternehmensgründer und Geschäftsführer der Mooser EMC Technik. „Etwa für das Thema Batterie-Restwechselspannungen, wo wir aktuell der einzige Dienstleister sind, der diesen Effekt messen kann.“ Restwechselspannungen in der Batterie können zu Störungen in Batteriemanagementsystemen führen.
Ein weiteres anspruchsvolles Messverfahren hat Mooser zur Untersuchung der Schirmdämpfung bei E-Antriebskomponenten entwickelt. Damit kann die Schirmwirkung von bestimmten Werkstoffen – zum Beispiel Aluminium, GFK oder CFK – und Bauteilen, wie Batteriedeckeln, untersucht werden.
Ebenfalls als Pionier sieht sich das Unternehmen in Sachen Durchkopplung von EMV-Störungen durch den Antriebsstrang. Die Ingenieure haben nach eigenen Angaben den messtechnischen Nachweis erbracht, dass sich EMV-Störungen, ausgehend von einem Inverter (ein sehr starker EMV-Emittent) oder E-Motor, durch die Abtriebswelle direkt in die Zahnräder des Getriebes und weiter bis in die Antriebsachsen durchkoppeln können. Dort strahlen sie aus und verursachen dadurch Funkstörungen.
„Wichtig ist bei dieser EMV-Messung, dass sich der E-Motor dreht. Denn bei einem stehenden Motor würden die von den Spulen ausgehenden Störungen über die Abtriebswelle und die Kugellager kurzgeschlossen und weitgehend eliminiert“, so der Geschäftsführer. Bei einem drehenden E-Motor hingegen bildet sich durch den Schmierfilm auf Kugellagern eine Isolationsschicht, wodurch die EMV-Störungen des Motors vollständig über die Antriebswelle in das Getriebe abgeleitet werden. Mooser kann in der neuen Messkabine die Störungen an den Abtriebsachsen und Wellen abgreifen und auf Basis dieser Messwerte Aussagen zur Entkoppelung auf der Strecke zwischen E-Motor und den Achsen machen.
Mehr als nur Messen
Neben den reinen Komponenten- und Systemtests bietet Mooser für seine Kunden – in der Regel OEMs und große Zulieferer – auch die Qualifizierung und Weiterentwicklung von Komponenten und Systemen an. Für eine Reduzierung der EMV-Abstrahlung empfiehlt man den Kunden beispielsweise ein verbessertes Schaltungslayout, andere Bauteile, eine geänderte Leitungsführung, größere Masseflächen sowie eine bessere Anbindung der Masse.
Hinzu kommt die Beratung bei den Testprozeduren und Messverfahren sowie beim Fahrzeuglayout. Jakob Mooser: „Wir ermitteln auch Störsicherheits-Abstände zwischen zwei EMV-kritischen elektrischen Komponenten, etwa zwischen einem Traktionsmotor an der Vorderachse und der benachbarten elektrischen Lenkunterstützung. Dazu werden zunächst die Störaussendungen des Traktionsmotors gemessen und mit der Störfestigkeit des Lenkantriebs verglichen. Aus diesen beiden Parametern lässt sich der erforderliche Störsicherheitsabstand zwischen den beiden Komponenten berechnen.“ Solche Versuche waren bisher nur am Original-Einbauort im Fahrzeug möglich, wo allerdings sehr schwierige Messbedingungen vorherrschen.
Die reproduzierbaren Tests in der neuen Messkabine und eine gute Zugänglichkeit der Prüflinge sollen Zeit und Kosten sparen. Denn bisher erfolgt die EMV-technische Weiterentwicklung von E-Antriebskomponenten sowohl im Fahrzeug als auch am Prüfstand. So hat früher der Austausch eines Kondensators im Inverter bedeutet, dass der Fahrzeug-Prototyp zunächst in der großen EMV-Messhalle abgerüstet und auf eine Hebebühne gebracht werden muss. Dort wird der Inverter sowie eventuell andere Komponenten aus dem Fahrzeug ausgebaut, der Kondensator gewechselt und der Inverter wieder in das Fahrzeug eingebaut. Anschließend wird das Fahrzeug wieder in die Messhalle gebracht und installiert. Insbesondere die Auf- und Abrüstzeiten sowie der Leerstand der Messhalle verursachen hohe Kosten – bei komplexen Antriebssträngen wie etwa bei einem Plug-in-Hybrid umso mehr.
An der neuen Messkabine, erklärt der Firmenchef, ließen sich diese Prozesse in konzentrierter Form erledigen. „Der Inverter lässt sich sehr leicht entnehmen, präparieren und wieder installieren. Das spart unter dem Strich viel Rüstzeit und hohe Kosten. Wir haben an konkreten Beispielen bei OEMs errechnet, dass wir mit unserem prüfstandsbasierten Entwicklungsprozess die Kosten für Prüfstandzeiten, Personal und die Messaufgaben um teilweise mehr als 95 Prozent reduzieren können.“
Die neue Messkabine ist seit Februar 2018 bei Mooser in Ludwigsburg in Betrieb und hat nach Unternehmensangaben bereits bei ersten Komponenten und Antriebsstrangs-Tests ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Entwicklungs- und Fertigungspartner waren ABB (externer Antriebs- und Bremsmotor, Wechselrichter/Inverter, Prüflingsaufnahme, Schwingungsdämpfung), Kratzer Automation (Batteriesimulator) und Albatross Projects (Kabinenarchitektur).
Details zum EMV-Messtechnik-Angebot des Anbieters…
http://hier.pro/uHg46