Auf der IAA 2017 in Frankfurt stellt Federal-Mogul Powertrain neue Werkstoffe für Ventilsitze und -führungen mit verbesserter Wärmeableitung vor. Die serienreifen HTC-Materialien (High Thermal Conductivity) und die Beschichtung mit TIM (Thermal Interface Material) können laut Herstellerangaben die Temperaturen am Ventilteller um bis zu 70 °C reduzieren. Dies ermöglicht eine verbesserte Verbrennung und niedrigere Emissionen.
„Die hohen Ventiltemperaturen in modernen, hochaufgeladenen Downsizing-Motoren können zu kürzerer Ventillebensdauer und kritischen Temperaturen in den Führungen und Schaftdichtungen von Ventilen führen“, erklärt Gian Maria Olivetti, Chief Technology Officer, Federal-Mogul Powertrain. Das mache teure Ventilstahllegierungen nötig. „Wenn zudem das Motorklopfen durch spätere Zündung reduziert und die Bauteile durch eine Gemischanreicherung vor hohen Temperaturen geschützt werden sollen, erhöht das die CO2-Emissionen. Durch die Verringerung der Temperatur am Ventilteller mittels HTC helfen wir, diese Probleme zu vermeiden.“ Mit der Entwicklung serientauglicher Technologien ermögliche sein Unternehmen die Anwendung in der Großserie.
Neben der Absenkung kann HTC auch eine gleichmäßigere Verteilung der Temperatur im Bereich des Ventilsitzrings und des umgebenden Zylinderkopfmaterials bewirken. Dadurch entfallen lokale Hot Spots mit hohem Verschleiß, temperaturbedingte Verformungen werden reduziert.
Der Ventilsitzring ist die primäre Wärmebrücke vom Ventilteller in den Zylinderkopf und den Kühlwassermantel. Durch eine bessere Wärmeableitung weg vom Ventilteller reduzieren die neuen Ventilsitz-Werkstoffe die Temperaturen im heißesten Teil des Brennraums und senken so die Gastemperaturen am Ende des Verdichtungstakts. Dadurch erhöht sich der Klopfwiderstand und es wird ein breiterer Zündwinkelbereich für eine effizientere Verbrennung ermöglicht. Außerdem lassen sich die bei später Zündung zum Bauteilschutz der Abgasstrecke notwendige Gemischanreicherung und somit die CO2-Emission reduzieren. Bei Auslassventilen hilft jede Reduzierung der kritischen Temperaturen um 20 °C dabei, den Schritt zur jeweils nächsten, teureren Legierung zu vermeiden.
Die Ventilführung ist der Hauptpfad der Wärmeableitung vom Ventilschaft zum Zylinderkopf. Durch die erhöhte Wärmeleitfähigkeit sorgt das neue HTC Ventilführungsmaterial für lokal niedrigere Temperaturen unterhalb der kritischen Grenze, bei der Ventilschaftdichtungen und Schmierstoffe üblicherweise zu versagen beginnen.
Die HTC-Werkstoffe kommen als Pulvermetallformulierungen bei Ventilsitzringen und -führungen zum Einsatz. Die Spezifikationen können dabei individuell angepasst werden. Für eine bessere Wärmeableitung beinhaltet die Metallrezeptur für die Ventilsitze Kupferanteile. Ventilführungen, bei denen niedrigere Temperaturen vorherrschen und die zur Ölimprägnierung eine gewisse Porosität benötigen, verfügen über eine Kombination aus freien und einem feinen Netzwerk aus miteinander verbundenen Kupferpartikeln.
Bei Ventilsitzringen aus doppellagigem Verbundwerkstoff ist das Sekundärmaterial des Rings nicht mehr nur ein kostengünstiger Träger für das mit dem Ventilteller in Berührung stehende Funktionselement. Es erfüllt vielmehr eine technische Aufgabe, indem es mehr Wärme vom Ventilkopf ableitet.
Die TIM-Beschichtung verbessert die Wärmeübertragung zwischen dem Ventilsitzring oder der Ventilführung und dem Zylinderkopf deutlich. Sie deckt dazu die Räume zwischen den Rauheiten der beiden Oberflächen ab und reduziert die minimalen Lufteinschlüsse, die normalerweise den Wärmeverlauf beeinträchtigen. So wird die Anpassung an die Zylinderkopfoberfläche optimiert.
„Aufgrund der erfolgreichen Entwicklung der TIM-Beschichtung für den Serieneinsatz kann die Technologie sofort angewandt werden“, sagt Denis Christopherson, Valve Seats and Guides Group Director of R&D, Federal-Mogul Powertrain. „Durch den verbesserten Wärmestrom zwischen Ventilsitzring und Zylinderkopf ermöglicht die Beschichtung die volle Realisierung der Wärmeleitungsvorteile von HTC.“
Tests von Hochleistungs-Turbomotoren mit Direkteinspritzung im Testzentrum von Federal-Mogul Powertrain in Burscheid haben gezeigt, wie effektiv die neuen Werkstoffe ihre Aufgabe erfüllen. Eine Kombination aus HTC- und TIM-Technologien senkte die Höchsttemperatur des Kopfes an der Einlassventilseite um Werte zwischen 26 und 32 °C. Die Verbesserung auf der Auslassventilseite fiel sogar noch deutlicher aus: Bei einem konventionellen Ventil verringerte sich die Höchsttemperatur um bis zu 70 °C, bei einem mit Natrium gefüllten Hohlventil waren es bis zu 67 °C.
Halle 4.1, Stand E33