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Stark und zukunftsorientiert

Wie Mercedes-Benz, Audi und BMW den Dieselmotor verbessern
Stark und zukunftsorientiert

WLTP und RDE beeinflussen massiv die Motorenentwicklung. Bei der Entwicklung der neuen Dieselmotoren von Mercedes-Benz, Audi und BMW hatten die Ingenieure insbesondere die neuen Zertifizierungen im Blick. Dabei gibt es einige Parallelen.

Der Autor: Jürgen Goroncy, freier Mitarbeiter der AutomobilKonstruktion

Bei der neuen Vierzylinder-Dieselmotorfamilie OM 654 von Mercedes-Benz sollte nicht nur die Abgasnachbehandlung in der bisherigen Form verbessert und weiterentwickelt werden, sondern Mercedes wollte mit einem integrierten Technologieansatz entlang der gesamten Prozesskette deutliche Verbesserungen erzielen. „Die neue Motorenfamilie ist sparsamer und stärker, leichter und kompakter – und sie ist darauf ausgelegt, alle künftigen Abgasvorschriften weltweit zu erfüllen“, sagt Peter Lückert, Entwicklungsleiter Dieselmotoren Mercedes-Benz Cars, stolz.
Neues Brennverfahren
Ein wichtiger Baustein dafür ist das neue Stufenmulden-Brennverfahren. Es soll durch eine bessere Luftausnutzung eine höhere Verträglichkeit der Abgasrückführung ermöglichen und das über für alle Drehzahlen und Lasten im Kennfeld und schließt deshalb sowohl den Umfang des WLTP als auch den RDE-Bereich ein.
Das Brennverfahren ist nach der Form der Verbrennungstasche im Kolben benannt. Die Stufenmulde verwirbelt das Gemisch sehr gut und wirkt so positiv auf den Verbrennungsverlauf, die thermische Bauteilbelastung kritischer Kolbenbereiche und den Rußeintrag in das Motorenöl. Durch die im Vergleich zur bisherigen Omega-Mulde gesteigerte Brenngeschwindigkeit steigt der Wirkungsgrad. Die spezielle Abstimmung von Muldenform, Luftbewegung und Einspritzdüse ermöglichen durch eine sehr gute Luftausnutzung den Betrieb bei sehr hohem Luftüberschuss. So gibt es weniger Partikelemissionen.
Für die Zukunft gerüstet
Der neue Dieselmotor ist auf die künftige Emissionsgesetzgebung (RDE und WLTP) ausgelegt. Alle für die effiziente Emissionsminderung relevanten Komponenten befinden sich sind direkt am Motor. Unterstützt durch Isolationsmaßnahmen und weiterentwickelte Katalysatorbeschichtungen ist ein motorseitiges Temperaturmanagement im Kaltstart- und Niedriglastbetrieb nicht notwendig. Neben den Vorteilen bei den Emissionen ergeben sich daraus auch Verbrauchseinsparungen insbesondere bei kurzen Wegstrecken. Durch die motornahe Anordnung hat die Abgasnachbehandlung einen geringen Wärmeverlust und optimale Arbeitsbedingungen.
Der Motor ist mit einer Mehrwege-AGR (MW-AGR) ausgerüstet. Sie kombiniert die gekühlte Hochdruck- mit einer Niederdruck-AGR. So werden bereits die Rohemissionen im gesamten Kennfeld bei verbrauchsoptimaler Lage des Verbrennungsschwerpunkts deutlich abgesenkt.
Durch die Minimierung der Druck- und Volumenverluste ergibt sich ein gutes Instationärverhalten bei geringsten Ladungswechselverlusten. Außerdem benötigt die MW-AGR keine Drosselklappe im Saugrohr zur Regelung der Hochdruck-AGR. Die Regelstrategie ermöglicht im gesamten Kennfeld einen vollständigen Mischbetrieb aus Hochdruck und Niederdruck-AGR.
Das Abgas aus dem Turbolader gelangt zunächst in einen Oxidations-Katalysator. Es passiert weiter den Fallstrommischer, in dem AdBlue beigemischt wird. Durch eine speziell entwickelte Mischstrecke gelingt es, die AdBlue Flüssigkeit auf kürzestem Weg im Abgasstrom zu verdampfen und sehr gleichmäßig auf der Oberfläche des folgenden sDPF (Partikelfilter mit Beschichtung zur Verminderung von Stickoxiden) zu verteilen. Hinter dem sDPF ist noch ein SCR-Katalysator zur weiteren katalytischen Reduktion der Stickoxide angeordnet. Erst danach gelangt das gereinigte Abgas in die Auspuffanlage. Oxidations- und Speicherkat sowie Partikelfilter und SCR-Katalysator sind jeweils in einem gemeinsamen Bauteil zusammengefasst.
Elektrik gegen das Turboloch
Die bayerischen Wettbewerber Audi und BMW haben ebenfalls neue Selbstzünder mit acht oder sechs Zylindern vorgestellt, die dem neuesten Stand der Abgasreinigung entsprechen. Der V8 von Audi ist mit zwei Turboladern in Registerbauweise im Innen-V und mit einem elektrisch angetriebenen Verdichter von Valeo aufgeladen. Der Verdichter mit 48-Volt-Spannung und sieben Kilowatt Leistung sorgt für zügiges Anfahren ohne Turboloch.
Bei den Kolben setzt Audi weiterhin auf die Aluminiumlösung, jetzt allerdings mit Laser-Muldenrandumschmelzung. „Bei einer spezifischen Leistung von 80 Kilowatt pro Liter Hubraum kommen Stahlkolben an die Grenze der Dauerhaltbarkeit“, erläutert Andreas Fröhlich, Konstruktionschef TDI-Motoren bei Audi in Neckarsulm. Besonders die Ölkühlung mit der Verkokungsgefahr bei Stahlkolben ist laut Fröhlich bei Aluminiumkolben deutlich problemloser.
Ähnlich wie Mercedes beim OM 645, legt Audi bei der Abgasreinigung auf extrem kurze Wege viel Wert, um thermische Verluste im Abgas zu reduzieren. Im Vergleich zum bisherigen V8-Motor mit etwa 1,5 Meter Abstand vom Turbolader zur emissionswirksamen Abgasanlage am Unterboden sind es bei der Neukonstruktion nur noch wenige Zentimeter. Mit den Turboladern im Innen-V und den Komponenten der Abgasnachbehandlung direkt nach den Turboladern an der Rückseite des Motors geht deutlich weniger Wärmeenergie verloren.
Schlüsselfaktor zur stabilen Abgasreinigung
Auch bei Audi folgt nach dem Oxidationskatalysator in Kombination mit dem NOx-Speicherkat nach einer kurzen Mischstrecke, ebenfalls in einem Bauteil integriert, der SCR-Katalysator in Kombination mit dem Partikelfilter. Der minimale Abstand zu den reinigenden Bauteilen ist ein wichtiger Schlüsselfaktor zur stabilen Abgasreinigung, die auch RDE sicher erfüllt. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist nach Angaben von Fröhlich das feinfühlige und exakte Zusammenspiel von NOx-Speicherkatalysator und SCR-System. Bei Stadtverkehr mit geringen Lasten sorgt der Speicherkat für geringe NOx-Emissionen, Überland und auf der Autobahn reinigt dass SCR-System das Abgas. Damit wird der Reinigungsprozess im gesamten Kennfeld aufrechterhalten und somit die RDE-Vorgaben erfüllt.
Darüber hinaus spritzen die Achtloch-Piezoinjektoren von Bosch den Kraftstoff mit maximal 2500 bar ein. Dabei steigen die Mengengenauigkeit und das feinere Spritzbild bei jedem Injektorhub im Vergleich zum Vorgängermotor deutlich an. Das sorgt sowohl für geringe Rohemissionen als auch für geringeren spezifischen Kraftstoffverbrauch. Bei niedrigen Drehzahlen im Volllastbereich sinkt der spezifische Kraftstoffverbrauch im Vergleich zum Vorgänger-V8 um bis zu 30 %. Mit dem Achtgang-Automatikgetriebe von ZF und dem Antriebsstrang, der in Richtung niedriger Drehzahlen optimiert ist, kann der Fahrer diesen Kennfeldbereich mit geringem Verbrauch und hohen Fahrleistungen gut nutzen. Auch bei hohen Drehzahlen sinkt der spezifische Verbrauch bis zu 20 %.
Vier Turbolader sorgen für Frischluft
Auch in München beziehungsweise in Steyr waren RDE und WLTP wichtige Parameter bei der Entwicklung des Sechszylinders mit insgesamt vier Turboladern. Um die Abgasenthalpie mit möglichst hohem Wirkungsgrad zu nutzen, wurden in dem zweistufigen Aufladesystem die Strömungsverluste mit CFD minimiert. Auf der Luftseite wird im ersten Betriebsbereich bei geringer Motordrehzahl die Ansaugluft über einen Bypass am Niederdruckverdichter vorbeigeführt.
In allen übrigen Kennfeldbereichen wird die Luft vom Niederdruckverdichter vorverdichtet. Im Abgasstrang wird bei niedrigen Lasten und Drehzahlen nur eine Hochdruckturbine durchströmt. Bei höheren Abgasdurchsätzen wird zur Reduktion des Abgasgegendrucks von einer Regelklappe ein Parallelweg zur zweiten Hochdruckturbine geöffnet. Anschließend wird das Abgas in der Niederdruckstufe entspannt, ehe es in die, auch hier, motornahe angeordneten Bauteile der Abgasreinigung strömt.
Wie Audi spritzt auch BMW den Kraftstoff mit maximal 2500 bar durch die Piezoinjektoren von Bosch, allerdings mit sieben Spritzlöchern. Die Abgasrückführung mit Hochdruck- und Niederdruck senkt die Rohemissionen. Der Kühler für den Hochtemperatur-Kreislauf ist zusätzlich mit einem schaltbaren Bypass ausgerüstet.
Der neue Motor erreicht 294 kW und 760 Nm. Zwischen 1600 und 4100 Umdrehungen pro Minute stehen mindestens 90 % vom Drehmoment zur Verfügung. Mindestens 80 % der Nennleistung kann der Fahrer zwischen 3000 und 5000 Motorumdrehungen abrufen.
Daimler AG, Stuttgart, Tel.: +49 711 17-0
Audi AG, Ingolstadt, Tel.: +49 841 89-0
BMW AG, München, Tel.: +49 89 3 82-0
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