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ElringKlinger sieht Vorteile bei allen Antriebsarten

Dr. Stefan Wolf im Gespräch mit KEM Automobilkonstruktion
ElringKlinger sieht Vorteile bei allen Antriebsarten

Der einstige ‚Dichtungshersteller‘ vom Fuße der schwäbischen Alb wandelt sich zum breit aufgestellten High-Tech-Unternehmen. Im Interview erläutert der Vorstandsvorsitzende der ElringKlinger AG, Dr. Stefan Wolf, wie sich das Unternehmen neue Geschäftsfelder erschlossen hat und sich sukzessive zum Systemlieferanten für E-Mobilität und Leichtbau weiterentwickelt.

Jürgen Goroncy, freier Journalist und Mitarbeiter der KEM Automobilkonstruktion, Besigheim

KEM Konstruktion: Herr Dr. Wolf, welche Marktentwicklungen erwarten Sie künftig bei Elektrofahrzeugen und Verbrennungsmotoren?

Dr. Stefan Wolf: Für Verbrennungsmotoren prognostizieren viele Studien, dass 2020/2021 etwa 92 Millionen Stück weltweit gebaut werden, danach wird die Anzahl kontinuierlich abnehmen. Hybridantriebe – sowohl in der Kombination Elektro- und Verbrennungsmotor als auch Brennstoffzelle-Elektromotor – werden als Brückentechnologie künftig wichtiger werden. Und die Elektromobilität wird sich deutlich schneller, als vor einigen Jahren gedacht, entwickeln. Dies ist vor allem auf die Diskussionen rund um die Abgasproblematik beim Dieselmotor und den allgemeinen Vertrauensverlust des Verbrennungsmotors in der Öffentlichkeit zurückzuführen. Ich rechne bereits für 2030 damit, dass etwa 25 bis 30 Prozent der Pkw elektrisch angetrieben werden könnten. In drei Jahrzehnten werden sicherlich noch immer alle Antriebsarten ihre Daseinsberechtigung haben, wenn auch mit deutlich veränderten Marktanteilen im Vergleich zu heute.

KEM Konstruktion: Wie reagiert ElringKlinger auf diese tektonischen Verschiebungen?

Wolf: Wir haben das Ziel, bei allen Antriebstechnologien ein führender Anbieter zu sein. Wir sind führend bei der Dichtungstechnologie für Verbrennungsmotoren, führend bei Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen und bauen unser Komponenten- und System-Know-how bei Lithium-Ionen-Batterien und elektrischen Antrieben zügig aus. Alles in allem sehe ich uns bei allen Antriebstechnologien derzeit sehr gut aufgestellt und wir haben mit der Leichtbautechnologie ein weiteres Standbein abseits des Antriebsstrangs erschlossen. Mit dieser Strategie kommen wir bei immer mehr der ‚neuen Automobilhersteller‘ zum Zuge, die auf die Kompetenz eines etablierten, innovativen Systemlieferanten setzen.

KEM Konstruktion: Der allmähliche Rückgang bei Verbrennungsmotoren wird aber Ihren wichtigsten Umsatzbringer stark treffen….

Wolf: Natürlich wird langfristig unser Geschäft mit Produkten für Verbrennungsmotoren kleiner werden. Es ist aber auch so, dass lediglich die Zylinderkopfdichtung irgendwann einmal aus unserem Portfolio verschwinden wird. Alle anderen Produkte finden auch in E-Autos Anwendung. Wir werden das also mit neuen Produkten und Systemen mehr als kompensieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in zehn Jahren etwa ein Viertel unseres Umsatzes in der Elektromobilität generieren. Denn wir können bei E-Fahrzeugen einen deutlich höheren Umsatz erzielen als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

KEM Konstruktion: Was meinen Sie damit konkret?

Wolf: Wenn wir unser ‚klassisches‘ Portfolio (Dichtungen und Abschirmteile) in ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor einbauen, stellt das einen Wert von unter 100 Euro Euro dar. In ein Elektrofahrzeug können wir theoretisch mit Brennstoffzelle, Batteriekomponenten und -systemen sowie eventuell noch einem Cockpitquerträger Produkte mit einem vier- bis fünfstelligen Wert einbauen. Das Potenzial im elektrisch angetriebenen Fahrzeug ist also ungleich höher als bei Verbrennungsmotoren. Wir entwickeln uns immer mehr vom Dichtungshersteller zum Systemlieferanten für Elektromobilität. Ein Unternehmen wird mittelfristig nur überleben, wenn es sich in der Elektromobilität ein zweites kräftiges Standbein aufbaut.

KEM Konstruktion: Zulieferer müssen heute ihre Entwicklungskapazitäten zwischen konventionellem Verbrennungsmotor und alternativen Antrieben aufteilen. Wie reagiert ElringKlinger auf diese schwierige Situation und wie sehen die Aktivitäten in der E-Mobilität aus?

Wolf: Etwa fünf bis sechs Prozent vom Umsatz wenden wir jährlich – neben Investitionen in Technologie- und Innovationsthemen – für Forschung und Entwicklung auf. In die neuen Geschäftsfelder fließt davon zukünftig der größte Anteil. Unsere Produkte für den Verbrennungsmotor sind weit entwickelt und technisch auf einem sehr hohen Niveau, deswegen wird es wohl in diesem Bereich keine gravierenden Innovationssprünge geben. Trotzdem werden wir unsere klassischen Produkte selbstverständlich weiter pflegen, da auch in mehreren Dekaden noch Verbrennungsmotoren – wenn auch in geringeren Stückzahlen – gebaut werden.

In der E-Mobilität sind wir sehr gut positioniert, da wir uns schon lange mit Komponenten und kompletten Systemen für die Brennstoffzelle und die Batterietechnologie beschäftigen. So startete ElringKlinger bereits 1999 mit der Entwicklung eines SOFC-Brennstoffzellenstacks. Kurz darauf wurde der Bereich ‚Neue Geschäftsfelder‘ mit dem Ziel gegründet, die vorhandenen Kompetenzen für zukünftige Technologien zu nutzen und das Geschäftsmodell für nachhaltiges Wachstum auszurichten. Seit 2009 beschäftigen wir uns mit der Batterietechnologie und fertigen verschiedene Komponenten und Zellkontaktiersysteme für Lithium-Ionen-Batterien in Serie. Zudem liefert ElringKlinger Batteriemodule mit kundenspezifisch integrierten Komponenten als Komplettlösung. Die Kooperation mit der Hofer AG aus Nürtingen ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung E-Mobilität.

KEM Konstruktion: Welche Rolle spielt Hofer in der Strategie?

Wolf: Wir haben eine strategische Beteiligung von 27 Prozent an der Hofer AG und eine Mehrheitsbeteiligung von 53 Prozent an der Tochtergesellschaft Hofer Powertrain Products GmbH der Nürtinger Firmengruppe erworben. Die Hofer AG ist ein herausragender Entwicklungsdienstleister für Systeme im Antriebsstrang bis hin zum vollständigen, elektrifizierten Antriebsstrang. Neben der Batterie- und Brennstoffzellentechnologie gehören nun zusätzlich Getriebe-, Elektromotor-, Elektronik- und Softwarekompetenz zum Leistungsspektrum unseres Konzerns. Unser Industrialisierungs-Know-how ergänzt das Entwicklungs- und Systemverständnis von Hofer optimal. So haben wir bereits einen Serienauftrag für einen Elektroantrieb für eine britische High-End-Sportwagenmarke und stehen mit einigen anderen Interessenten in aussichtsreichen Gesprächen. Der Einstieg bei Hofer ergänzt unsere Kompetenzen bei Hybrid- und vollelektrischen Antriebssträngen. Auf der anderen Seite bauen wir mit dem Joint Venture mit der Chengfei Integration Technology Co., Ltd. (CITC) unser Know-how in der Batterietechnologie aus.

KEM Konstruktion: Was hat ElringKlinger mit CITC vereinbart?

Wolf: Wir haben im November 2017 einen Rahmenvertrag unterzeichnet, der die Gründung einer Joint-Venture-Gesellschaft zur Entwicklung, Fertigung und Distribution von Lithium-Ionen-Batteriemodulen für den globalen Automobilmarkt vorsieht. Die Laufzeit ist zunächst auf zehn Jahre bis zum 31. Dezember 2027 festgelegt, im Fokus stehen dabei Elektromobilitätsprojekte in Asien, Europa und den USA.

KEM Konstruktion: Was bringen die beiden Partnerunternehmen in die Kooperation jeweils ein?

Wolf: CITC bringt über sein Tochterunternehmen China Aviation Lithium Battery Co., Ltd. (CALB) die Zellchemie ein. ElringKlinger steuert alle weiteren Modulkomponenten wie hochinnovative Zellkontaktiersysteme oder Zellgehäuse bei. Zudem wird ElringKlinger für das Design sowie die Fertigung der Batteriemodule zuständig sein. Neben dem gegenseitigen Ressourcenzugang profitieren wir beidseitig vom Know-how und der langjährigen Erfahrung in unterschiedlichen Teilgebieten der Batterietechnik. Zudem hat CITC nun einen global aufgestellten Automobilzulieferer mit Industrialisierungs- und Vertriebskompetenz an seiner Seite und ElringKlinger arbeitet zukünftig mit einem führenden Zellenhersteller zusammen. Ich sehe diese strategische Partnerschaft als eine klassische Win-Win-Konstellation, mit der wir beide nachhaltig eine bessere Marktdurchdringung erreichen werden.

KEM Konstruktion: Ist Elektromobilität das einzige neue Feld, das ElringKlinger derzeit erschließt?

Wolf: Der Schwerpunkt der Investitionen in der Entwicklung und Fertigung wird bei den alternativen Antrieben liegen, um hier noch schneller den Markt zu erschließen. Dazu kommen noch die Aktivitäten im Leichtbau, da ein leichteres Fahrzeug einerseits weniger Kraftstoff verbraucht und dem E-Antrieb eine größere elektrische Reichweite ermöglicht. Anfang des Jahres haben wir mit Byton einen weiteren Kunden für unseren innovativen Cockpitquerträger gewinnen können. Wir werden sechs Jahre lang Cockpitquerträger in Hybridbauweise (Aluminium/Kunststoff) für einen Premium-SUV von Byton liefern. Insgesamt umfasst der Vertrag ein Volumen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Darüber hinaus streben wir gemeinsam die Integration in weitere Byton-Modelle an.

KEM Konstruktion: Wann wird Serienstart sein?

Wolf: Ab 2019 soll die Produktion der Komponenten in unserem Werk in Suzhou, China erfolgen. Einen weiteren Auftrag für einen Cockpitquerträger und einen Frontendträger haben wir auch schon. Es handelt sich um ein E-Fahrzeug mit erfreulich hohen Stückzahlen. Daneben sind wir mit vielen weiteren Kunden in der Vor-Entwicklungsphase für Leichtbaukomponenten.

KEM Konstruktion: Wer ist ihr Pilotkunde für den Cockpitquerträger?

Wolf: Wir produzieren in Europa, Nordamerika und China täglich etwa 3500 Cockpitquerträger und 2000 Frontend-Adapter für die aktuellen Modelle der C- und E-Klasse von Mercedes-Benz samt ihren Derivaten.

KEM Konstruktion: Leichtbau- und Elastomerteile tragen derzeit etwa 22 Prozent zum Konzernumsatz bei. Wie wird sich dieser Anteil in der nächsten Dekade verändern?

Wolf: Dieser Anteil wird sich überproportional entwickeln und in zehn Jahren einen deutlich höheren Betrag umfassen als jetzt.

www.elringklinger.de

Details zum Angebot für die Elektromobilität:

hier.pro/UTv83


„Ich rechne bereits für 2030 damit, dass etwa 25 bis 30 % der Pkw elektrisch angetrieben werden könnten.“

Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Vorstands, ElringKlinger AG
Bild: Rüdiger J. Vogel/Konradin Mediengruppe

„Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in zehn Jahren etwa ein Viertel unseres Umsatzes in der Elektromobilität generieren.“

Dr. Stefan Wolf, Vorsitzender des Vorstands, ElringKlinger AG
Bild: Rüdiger J. Vogel/Konradin Mediengruppe

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Zum Unternehmen

Als Automobilzulieferer bietet ElringKlinger Unterstützung bei optimierten Verbrennungsmotoren, leistungsfähigen Hybridmotoren und der Batterie- und Brennstoffzellentechnologie. Mittels Leichtbaukonzepten lässt sich zudem das Fahrzeuggewicht reduzieren, wodurch bei Verbrennungsmotoren Kraftstoffverbrauch und damit CO2-Ausstoß sinken beziehungsweise bei alternativen Antrieben die Reichweite steigt. Produkte aus dem Hochleistungskunststoff PTFE – auch für Branchen außerhalb der Automobilindustrie – ergänzen das Portfolio. Der gelernte Rechtswissenschaftler Dr. Stefan Wolf (56) trat 1997 als Syndikusanwalt in die ElringKlinger GmbH ein. Seit 2006 ist er Vorsitzender des Vorstands der ElringKlinger AG.

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