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Klappe zu – CO2 runter

Aktiv steuerbare Luftklappen reduzieren Verbrauch und erhöhen Fahrspaß
Klappe zu – CO2 runter

BMW führt auch beim neuen X6 aktiv steuerbare Luftklappen ein. Die verstellbaren Jalousien hinter den Nieren und der Luftöffnung unterhalb der Stoßstange bringen einen um zehn Prozent geringeren Luftwiderstandsbeiwert und somit eine Verbrauchsreduzierung von etwa einem Prozent im EU-Normzyklus. Positiver Nebeneffekt: Optik und Fahrspaß werden verbessert.

Die steuerbaren Luftklappen der BMW 1er, 3er und X5-Serie werden nun auch beim X6 eingeführt. Sie sind aus Sicht der CO2-Reduzierung gleichermaßen interessant wie das Start-Stopp-System oder die Rückgewinnung der Bremsenergie und werden als eine der wirkungsvollsten Einzelmaßnahmen eingestuft. Partner für Entwicklung und Produktion ist Röchling Automotive.

Die Luftklappen müssen nur bei Fahrsituationen wie Stau, hohen Geschwindigkeiten, Bergfahrt oder vollem Betrieb der Klimaanlage geöffnet werden. Dabei kommt es darauf an, dass der Öffnungsquerschnitt durch ein möglichst flaches Klappenprofil nur so wenig wie möglich verblockt wird. Der Energiebedarf für den Klappenantrieb ist mit 4,2 W Ruheleistung sehr gering, das Systemgewicht von beispielsweise 1,1 kg bei 1er und 3er wird von den Kennzahlen für den Kundennutzen überkompensiert. „Bei einer konstanten Geschwindigkeit von 120 km/h stehen beispielsweise beim neuen 330i mit strahlgeführter Direkteinspritzung und Magerbetrieb 0,1 l/100 km Verbrauch weniger zu Buche, bei 180 km/h 0,3 l/100 km“, rechnet BMW Aerodynamik-Projektleiter Vanja Zivkov vor.
Luftwiderstand bei Motorraumdurchströmung
Der Luftwiderstand eines Fahrzeuges wird zu 15 % von der Motorraumdurchströmung bestimmt. Diese Durchströmungsverluste lassen sich zu 70 % durch die geschlossenen Klappen reduzieren. „Aktive Aerodynamik“ heißt das Schlagwort, das BMW-Botschafter Johannes Liebl derzeit bei Vortragsveranstaltungen zur CO2-Herausforderung in den Raum stellt.
Für den elektromotorischen Klappenantrieb stellen die bei hohen Geschwindigkeiten erforderlichen Zuhaltekräfte keine Herausforderung dar. Ferner erlaubt ein solcher Aktuator im Gegensatz zu einem Haftmagneten eine aktive Verstellung, vor allem das Schließen bei starkem Fahrtwind. Der Energieaufwand für elektrische Verbraucher macht einen immer höheren Anteil am Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeuges aus. Umfassende aerodynamische Optimierungen mit Versuchsreihen am Komplettfahrzeug im Windkanal führten zu einer Reduzierung des Laufstromes für den Schließvorgang von etwa 30 %. So steht der Motorsteuerung ein weiteres Stellglied beim Thermomanagement zur Verfügung. Mit der motorischen Betätigung lässt sich das volle Potenzial durch entsprechende Algorithmen nutzen. Da zukünftige Abgasnormen die Kaltstartphase viel schwerer gewichten als bisher, wird ein weiterer Pluspunkt der Jalousien an Bedeutung gewinnen: Der Motor wärmt sich dank der Abschirmung wesentlich schneller auf und bleibt auch länger warm. Die problematischen Kaltstartemissionen gehen zurück. Aufgrund all dieser Werte wird das aktive Luftklappensystem vom BMW-CO2-Gremium als eine der wirkungsvollsten Einzelmaßnahmen eingestuft. „Wir bekommen derzeit Anfragen von allen Seiten. Bei BMW wird die Luftklappe sogar im gleichen Atemzug mit dem Start-Stopp-System oder der Bremsenergierückgewinnung genannt, wenn die Bestwerte für den Kraftstoffverbrauch erklärt werden“, freut sich Ludwig Huber, Entwicklungschef von Röchling Automotive.
Energie sparen geht einher mit Fahrspaß
Energie sparen reimt sich tatsächlich auf Freude am Fahren. Zur Fahrfreude gehört auch ein gepflegter Motorsound. Der Summenpegel des Außengeräusches geht beim Dieselkaltstart mit geschlossener Klappe um 1dB zurück. „Sowohl akustisch als auch aerodynamisch steht die aktive Luftklappe im Systemverbund mit der vollflächigen Unterbodenverkleidung, die wir ebenfalls für den 1er und den 3er liefern“, erklärt Dr. Klaus Pfaffelhuber, Vorentwicklungsleiter Akustik von Röchling Automotive.
Damit das kühne Konzept der Luftklappen Wirklichkeit werden konnte, mussten zunächst Gewicht und Kosten eingespart werden. So sind die horizontalen Lamellen von 1er und 3er bei einer Spannweite von über etwa 22 cm nur 2 mm dünn. Bei 200 km/h muss diese filigrane Struktur einer Windlast von 235 N standhalten. Die Steinschlagbelastung wird mit einem Schussapparat getestet: 50 kg Hartgussgranulat prallen mit einem Durchsatz von 500 g pro 10 s und einem Beschleunigungsdruck von 2 bar auf. Eine ähnliche Schutzfunktion übernimmt das Luftklappensystem gegenüber Schneewurf und Spritzwasser. Die Korrosionsbelastung für den Kühler wird dadurch verringert. Zwar ist ein Pkw kein Amphibienfahrzeug, aber zu dem Anforderungskatalog gehören auch langsame und schnelle Wasserdurchfahrten. Der Bugwasserdruck baut sich bei 30 km/h bis zu 4290 N auf – ein Härtetest, auch für die seitliche Verankerung. Hier sind die Jalousien drehend gelagert. Sie bestehen aus PA 6 GF 30 und die Gleitreibung mit dem PP GF 30 des Gehäuses erzeugt keinerlei Geräusche. Beide Bauteile sind entlang ihrer Längskanten mit Gummidichtlippen aus Styrol-Ethylen-Butylen-Styrol (SEBS) versehen. Das dabei eingesetzte 2K-Verfahren reduziert Zykluszeit und Materialhandling. Der zusätzliche Hohlraum entsteht im selben Werkzeug, indem Schieber nach dem ersten Spritzgussvorgang zurückgezogen werden. Mit diesem robusten Prozess ließen sich Fehler vermeiden und die Kostenziele erreichen.
Die Dauerbelastbarkeit darf aufgrund der Erfahrungswerte mit der bereits 2003 beim 5er eingeführten Luftklappe als erwiesen gelten. Im Gegensatz zur aktuellen Generation waren diese damals allerdings noch passiv ausgeführt, also ohne Elektroantrieb. Das mechanische Konstruktionsprinzip ist jedoch weitgehend erhalten geblieben. Insofern sind die physischen Belastungswerte vergleichbar. Schon beim 5er war Röchling Automotive Entwicklungspartner und Serienlieferant. Auch optisch bringt die geschlossene Luftklappe Vorteile. „Hinter dem Kühlergrill ist nun nur noch ein mattschwarzer Hintergrund zu sehen“, erklärt Christoph Kemper, Produktmanager für die Luftklappen bei Röchling Automotive, „Dadurch heben sich verchromte Grillstrukturen besser ab. Und die dahinter liegenden Kühlnetze bleiben unsichtbar. Der so entstehende Kontrastverlust zum Ziergitter stört Designer und Endverbraucher offenbar so sehr, dass die Wärmetauscher ansonsten üblicherweise schwarz lackiert werden müssen, was wiederum die Wärmeübertragung verschlechtert. Diese Mehrkosten und das Zusatzgewicht kann man sich mit der Luftklappe sparen.“
Herausforderung für die Kunststoffverarbeitung
Schon die aktiven Kühklappen für 1er und 3er bedeuten für den Kunststoffverarbeiter eine Herausforderung. Die Varianten für X5 und X6 verlangen von der Prozesstechnik noch mehr:
  • Die Klappen erstrecken sich über eine Spannweite von 34 cm. Die Wandstärke bleibt mit 3 mm sehr gering. Damit sind die Anforderungen an eine homogene Befüllung wesentlich schwieriger zu erfüllen. Die Verzugsfreiheit der filigranen, hoch belasteten Bauteile ist wichtig für ihre Funktionalität.
  • Das selbsttragende Rahmenelement beschreibt Abmessungen von 71 x 36 cm und eine schwierige Geometrie. Mit diesen Dimensionen gehört es zu den größten Kunststoffteilen im Motorraum des Pkw. Der Zielkonflikt von Leichtbau und geringen Wandstärken einerseits sowie Dimensionsstabilität und Verzugsfreiheit andererseits bedarf einer ausgewogenen Lösung.
  • Mit den größeren Dimensionen gehen nicht nur höhere Schließ- und Zuhaltekräfte in der Teileherstellung, sondern auch im späteren Fahrbetrieb einher.
Gemäß dieser Ausgangssituation nahm die Befüllungssimulation einen breiten Raum in der Bauteilentwicklung ein. Für eine gleichmäßige Schmelzen- und Werkzeugwandtemperatur wurde ein leistungsfähiges Temperiersystem angenommen. Dabei wurden unterschiedliche Idealtemperaturen von Masse und Kavitätsoberfläche für harte und weiche Klappenabschnitte sowie für das Gehäuse jeweils ermittelt. Als optimal erwiesen sich darüber hinaus je unterschiedliche Spritzdrücke, Schließkräfte und Füllzeiten. Bei den harten und weichen Klappenabschnitten ergab eine konstante Volumenstrombefüllung bis zu 99 % des Volumens mit anschließendem Umschalten auf „druckabhängiges Füllen“ das Optimum. Nach dem harten Segment wird das weiche im 2K-Verfahren angespritzt. Die komplexe Gehäusestruktur ließ sich letztendlich am besten kaskadierend über verschiedene Nadelverschlüsse befüllen. Dabei mussten Lufteinschlüsse, erkaltende Fließfronten, stagnierende Schmelzeströme und ungleichmäßige Häufungen oder Ausrichtungen der Verstärkungsfasern mit der bestmöglichen Angussvariante umgangen werden. All das hätte sonst zu inneren Spannungen geführt. Die Verzugsbilder der Versuchsreihen gingen nicht nur mit ungeraden Kanten einher. Auch die Klappenaufnahmen lagen regelmäßig nicht mehr in einer Ebene. Damit hätte der verzogene Rahmen die Spannungen auf die Klappen übertragen. Das System wäre zwingend undicht geworden und hätte zu erhöhten Reibwerten bei der Klappenverstellung geführt.
Röchling Automotive; Telefon: 06241/844205;
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