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Böllhoff verbindet Aluminium-Stahl-Mischbaukarosserien

Stanznieten und Bolzensetzen
Böllhoff verbindet Aluminium-Stahl-Mischbaukarosserien

Sollen Aluminium und Stahl verbunden werden, entfällt das Schweißen und die mechanische Verbindungstechnik rückt in den Vordergrund. Böllhoff Automation bietet hier das Stanznieten (Rivset) für beidseitig zugängliche Verbindungstellen und das Bolzensetzen (Rivtac) für eine einseitige Zugänglichkeit. KEM Konstruktion sprach mit Geschäftsführer Dr. Ralf Adenstedt über die Stärken dieser Verfahren.

Interview: Michael Corban, Chefredakteur, KEM Konstruktion

KEM Konstruktion: Herr Dr. Adenstedt, Böllhoff Automation beschäftigt sich unter anderem mit dem Fügen unterschiedlicher Materialien im Fahrzeugbau. Welche Technologien bieten Sie hier an?

Adenstedt: Die mechanische Verbindungstechnik im Karosseriebau, insbesondere dann, wenn es um den Leichtbau geht, ist eines unserer Schwerpunktthemen. Zum Fügen von reinen Aluminium- oder Aluminium-Stahl-Mischbaukarosserien bieten wir vor allem zwei interessante Verfahren an: Rivset, das Stanznieten und Rivtac, das Bolzensetzen; wobei das Stanznieten gerade bei diesen Materialpaarungen sicherlich das führende Verfahren ist. Entscheidend ist, für die jeweilige Verbindung den passenden Niet zu finden – das haben unsere Anwendungstechniker im Griff, die im Labor nach der besten Lösung suchen und auf langjähriges Know-how zurückgreifen können. Beide Verfahren bieten sich an, wenn ich unterschiedliche Materialien und gegebenenfalls verschiedene Materialstärken verbinden will.

KEM Konstruktion: Wie aufwändig ist es denn, einen Niet auszulegen, der Aluminium und Stahl verbindet?

Adenstedt: Hier spielt eine Reihe von Faktoren hinein, unsere Gestaltungsrichtlinien geben erste Hinweise. Eine Rolle spielt unter anderem die Festigkeit der Materialien, die das Verformungsverhalten beeinflussende Niet- und Matrizen-Geometrie sowie die Wärmebehandlung, über die sich verschiedene Härtegrade einstellen lassen.

KEM Konstruktion: Lassen Sie uns zunächst über das Stanznieten sprechen. Können Sie das kurz beschreiben?

Adenstedt: Es ist ein sehr effizientes Fügeverfahren, das ohne Vorlochen auskommt – deswegen sprechen wir auch von Halbhohlstanznieten. Die obere Lage wird tatsächlich durchgestanzt, während in der unteren eine Art Verzahnung über das Aufweiten des Niets erzeugt wird. Die erreichbaren Zykluszeiten im Prozess liegen unter 2 Sekunden, teilweise bis unter 1,5 Sekunden abhängig von der Anwendung. Limitierend ist lediglich die Möglichkeit, wie weit das Werkzeug geöffnet werden kann. Das Verfahren hat eine große Verbreitung gefunden und ist sehr robust, am Ende bezogen auf den Fügepunkt auch sehr kostengünstig.

KEM Konstruktion: Welche Bedeutung hat denn das zweite, eingangs von Ihnen genannte Verfahren des Bolzensetzens?

Adenstedt: Rivtac, das Hochgeschwindigkeits-Bolzensetzen, ist ein wirklich einmaliges Verfahren – es gibt keine unmittelbare Vergleichstechnologie. Man kann die jeweilige Aufgabe natürlich immer auch mit anderen Verfahren lösen, aber nicht mit dem gleichen Ergebnis hinsichtlich Verbindungseigenschaften sowie erreichbaren Taktzeiten. Das eigentliche Verbindungselement ist ein relativ spitzer Bolzen, der in seinem zylindrischen Bereich einige Rillen aufweist und einen flachen Kopf besitzt. Durch unser Setzgerät, das von einem Roboter geführt werden kann, wird dieser Bolzen mit sehr hoher Geschwindigkeit in die zu verbindenden Materialien getrieben – ohne dass ich von der Rückseite gegenhalten muss und ohne dass vorgelocht werden muss! Entscheidend ist die hohe Beschleunigung beim Bolzensetzen, die druckluftgetrieben erreicht wird. Schliffbilder zeigen, dass sich auf diese Weise eine form- und kraftschlüssige Verbindung zwischen den Lagen erreichen lässt. Die umlaufenden Rillen führen dabei zu einer Verzahnung.

KEM Konstruktion: Für welche Anwendungsfälle eignet sich das Bolzensetzen?

Adenstedt: Da das Gegenhalten entfällt bietet es sich immer dann an, wenn eine ‚einseitige Zugänglichkeit‘ gegeben ist – etwa bei Arbeiten im Schwellerbereich. Aufgrund des Hohlraumes kann hier nicht gegengehalten werden, so dass das Stanznieten nicht in Betracht kommt. Etwas despektierlich wird übrigens gelegentlich davon gesprochen, dass der Bolzen aussähe wie ein Dachpappennagel – allerdings trifft diese Beschreibung weder bezüglich des Verfahrens noch der entstehenden Verbindung zu. In Rivtac stecken mehr als 20 Jahre Entwicklungs-Know-how. Betonen möchte ich an dieser Stelle: Unser Ziel ist immer auch die Reduzierung der Fertigungsschritte, wir bevorzugen also einstufige Verfahren möglichst ohne Vorlochoperationen. Aufgrund der Wirtschaftlichkeit eignet sich Rivtac deswegen für den Großserienfahrzeugbau.

KEM Konstruktion: Wie aufwändig ist denn die Prozesssteuerung, damit das zuverlässig funktioniert?

Adenstedt: Aus regelungstechnischer Sicht gibt es bei Rivtac nur eine Stellgröße, den Luftdruck. Über einen Vorspeicher und eine spezielle Ventilkonstruktion können wir den Kolben im Werkzeug dann entsprechend schlagartig auf die Reise schicken. Der Prozess selbst verläuft so schnell, dass keine weitere Regelung erforderlich ist. Alles weitere ist dann eher eine Frage der Prozesssicherheit: Wie erkenne ich den richtigen Bolzen oder beim Stanznieten den Niet und wird die richtige Matrize verwendet? Bei Fragen wie diesen können wir natürlich auf unser Know-how im Bereich der Zuführung zugreifen. Im Rahmen der Qualitätskontrolle kann zudem eine Paketdickenmessung ergänzt werden, die prüft, ob beide Lagen sauber aufeinander liegen. Anhand der Aufnahme der Kraft-Weg-Kurve lässt sich übrigens auch erkennen, ob es sich um eine Alu-Alu- oder Alu-Stahl-Verbindung handelt. Zusätzlich können unterschiedliche Prozessfehler der Verbindung identifiziert werden. Pro Fügepunkt lassen sich die jeweiligen Parameter speichern und später rückverfolgen.

KEM Konstruktion: Beide Verfahren eignen sich vorwiegend für die Großserie. Gibt es auch Möglichkeiten für Einsätze bei kleineren Stückzahlen?

Adenstedt: Beim Bau von Prototypen – die ja möglichst seriennah sein sollen – können die Verfahren mit handgeführten Systemen sinnvoll zum Einsatz kommen. Einige Fahrzeuge werden ja vorab für zahlreiche Tests bis hin zu den Crahtests benötigt.

Ein Video zeigt den Einsatz der Halbhohlstanzniettechnik Rivset in der Produktion des Audi Q7 in Bratislava:

http://hier.pro/Ru3xC

Alle Verfahren zur Montagetechnik in der Übersicht:

http://hier.pro/cYjNM


„Unser Ziel ist immer auch die Reduzierung der Fertigungsschritte, wir bevorzugen also einstufige Verfahren möglichst ohne Vorlochoperationen. Rivset und Rivtac kommen ohne Vorlochen aus.“

Dr.-Ing. Ralf Adenstedt, Geschäftsführer, Böllhoff Automation GmbH, Bielefeld
Bild: Böllhoff
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