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Lithium-Ionen-Batterie für Elektroautos

Lithium-Ionen-Batterie für Elektroautos im Fokus der Aktivitäten von Industrie und Forschung
Kriterien: Leistung, Gewicht, Preis

Das Elektroauto als voller Ersatz für heutige Benziner wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Die entscheidende Schwachstelle sind die Energiespeicher. Sie sind zu schwer, haben eine zu geringe Leistung und sind viel zu teuer. Mit Nachdruck arbeiten Industrie und Forschung an leistungsfähigen und bezahlbaren Lösungen.

Dr. Rolf Langbein, freier Mitarbeiter der KEM für die Automobilkonstruktion

Endliche Ressourcen und eine zunehmend gefährdete Umwelt waren die Auslöser für die politische Forderung nach Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emission. Bei der Automobilindustrie und deren Zulieferern hat diese Forderung rund um den Globus eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen ausgelöst. Während die einen mit Nachdruck an der Verbesserung vorhandener Technologien arbeiten, setzen die anderen – und das auch aufgrund politischer Forderung und Förderung – auf die Entwicklung des Elektroautos.
Auf konventioneller Seite sorgen innovative Entwicklungen wie Start-Stopp-Systeme und das Downsizing der Motoren für eine deutliche Reduzierung des Verbrauchs und der CO2-Emission. In Kombination sollen sie Reduzierungen bis zu 40 % bewirken.

Hoffnungsträger Lithium-Ionen-Batterie

Der Weg zum Elektroauto – das auf Dauer viel weitreichendere Reduzierungen bringen wird – ist sehr steinig und wird wohl nur mit intelligenten Zwischenlösungen zu vollziehen sein. So wird zum Beispiel nach Ansicht des Karlsruher Wissenschaftlers Andreas Gutsch die Batterie noch lange das größte Problem der Elektroautos bleiben. „Auf dem Weg zur Leistungsfähigkeit eines Benziners haben Elektroautos heute erst rund zwanzig Prozent geschafft“, sagte der Projektleiter für Elektromobilität am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Anfang der 90er Jahre in Asien für den Einsatz in Laptops oder Mobiltelefonen entwickelt, sind Lithium-Ionen-Batterien die Hoffnungsträger künftiger Akku-Technologien für Elektrofahrzeuge. So besagt eine im September veröffentlichte Studie der Roland Berger Strategy Consultants: „Der weltweite Markt für Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge ist deutlich im Aufwind.“ Rupert Petry, Managing Partner und Automobilexperte im Wiener Büro von Roland Berger, nennt Zahlen: „Wir gehen davon aus, dass der globale Markt für Lithium-Ionen-Akkus von den aktuellen 1,5 Milliarden Dollar auf fast neun Milliarden Dollar im Jahr 2015 steigen wird.“ Unter günstigen Bedingungen könne das weltweite Marktvolumen bis 2020 sogar auf über 50 Milliarden Dollar wachsen, prognostiziert er.
Doch bisher fällt die Bilanz der Lithium-Ionen-Batterie in Hinblick auf das voll elektrische Fahren sehr schlecht aus. Zu wenig Leistung, zu schwer und zu teuer, lautet derzeit das Urteil. Und dabei ist noch nicht einmal die Problematik des Ladens angesprochen. Noch bis vor kurzem brachte ein Lithium-Ionen-Akku mit einem Energiegehalt von 1 kWh ein Gewicht von 10 kg auf die Waage. Geht man für eine Fahrstrecke von rund 800 km von einer benötigten elektrischen Leistung von rund 150 kWh aus, würde die Batterie alleine schon 1,5 t wiegen. Dabei lag der Preis je kWh noch bei rund 1000 Euro.

Hybridantrieb und Range Extender

Die Zeit, bis leistungsfähigere und leichtere Batterien zur Verfügung stehen, soll daher mit Hybridantrieben überwunden werden. Bei der Kombination von elektrischem Motor und Verbrennungsmotor kommen Batterien mit geringerer Leistung und somit geringerem Gewicht zum Einsatz. So kann zumindest der tägliche Stadtverkehr elektrisch abgewickelt werden. Ist die Batterie weitgehend entladen, übernimmt der Verbrennungsmotor den Antrieb.
Mit dem Range-Extender-System – dem sogenannten Reichweitenverlängerer – geht Opel beim Modell Ampera einen entscheidenden Schritt weiter hin zum Elektroauto. Zwar sind auch hier die Akkus nach maximal 80 km leer, doch ein kleiner Hilfsmotor stellt über einen Generator weitere elektrische Leistung zur Verfügung. „Das steigert die Reichweite auf mehr als 500 Kilometer und macht den Ampera zum ersten alltagstauglichen Elektrofahrzeug mit Langstreckenqualitäten“, verkündet Opel-Projektleiter Enno Fuchs. Die eingesetzte Lithium-Ionen-Batterie hat eine Leistung von rund 16 kWh und ein Gewicht von 198 kg.
Aufhorchen ließ die Fachwelt ein Langstreckenrekord eines Elektrofahrzeugs im Oktober 2010. Ein umgebauter Audi A2 hatte mit einer Lithium-Metall-Polymer-Batterie eine Strecke von über 600 km zwischen München und Berlin mit einer Batterieladung zurückgelegt. Die Batterie soll bei einer Leistung von 99,8 kWh ein Gewicht von 350 kg ausgewiesen haben. Das entspricht 3,5 kg/kWh. Kolibri-Technologie nennt Mirko Hannemann das Batteriesystem, für dessen Entwicklung er 2009 die DBM Energy GmbH gegründet hatte. Die in Eigenregie und mit Eigenkapital von Hannemann entwickelte und von 3M produzierte Batterie und ihr Rekord ließen nach Prüfungen bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM und der Dekra Anfang dieses Jahres viele Zweifler verstummen. Inzwischen hat Hannemann die Kolibri Power Systems AG gegründet, mit namhaften Vorstandskollegen.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Marktprognosen von Roland Berger arbeiten die Automobilindustrie, deren Zulieferer und die Forschung mit Nachdruck daran, die Leistung der Batterien bei deutlicher Reduzierung von Gewicht und Kosten massiv zu steigern. Denn Kunden werden Elektroautos nur dann kaufen, wenn sie alltagstauglich und bezahlbar sind.

In Kooperationen schneller zum Ziel

So visiert zum Beispiel SB Limotive, das Joint Venture von Bosch mit Samsung SDI, bis 2015 einen Preis von 350 Euro pro kWh an, bis 2020 sollen es 250 Euro sein. Das Unternehmen wird beispielsweise Lithium-Ionen-Zellen für den BMW i3 und den 1er ActiveE liefern.
In einem Joint Venture mit dem Autobauer VW forscht die Varta Microbattery GmbH derzeit an Batterien für E-Autos, die bis 2016 nur mehr 3000 Euro kosten und nach einer Stromladung 200 km weit fahren sollen. Heute kostet die Batterie rund 30 000 €.
Die Li-Tec Battery GmbH – ein Gemeinschaftsunternehmen von Evonik Industries AG und der Daimler AG – entwickelt, produziert und vertreibt großformatige Lithium-Ionen-Batteriezellen unter anderem für automobile Anwendungen. Lithium-Ionen-Traktionsbatterien von Li-Tec sollen vom Jahr 2012 an serienmäßig in Fahrzeugen vom Typ „Elektro-Smart“ verbaut werden.
Dr. Maximilian Fichtner, Leiter der Gruppe Energiespeicherung am KIT-Institut in Karlsruhe, meint aber: „Mit Lithium-Ionen-Batteriematerialien sind nur noch geringe Verbesserungen zu erwarten.“ Deshalb testen Chemiker eine Vielzahl von Materialmischungen, um effizientere und günstigere Akkus zu schaffen. Fichtner und Munangi Reddy vom KIT haben jetzt den Prototyp eines Metallfluorid-Akkus präsentiert, der eine zehnfach höhere Energiedichte als Lithium-Ionen-Aggregate verspricht. Seine Markteinführung liege aber noch in der Ferne. Das gilt auch für Untersuchungen von IBM, bei denen die Forscher eine Lithium-Luft-Batterie mit höchster Priorität einstufen. Sie soll eine Energiedichte von etwa 1 kWh/kg aufweisen. Eine Batterie mit einer Leistungsdichte von 150-kWh-Einheit würde dann nur etwa 150 kg wiegen und eine Strecke von 800 km zurücklegen können. Eine serienreife Batterie steht aber frühestens 2020 zur Verfügung. Das sind nur einige Beispiele weltweiter Aktivitäten.
Im Oktober hat nun Toyota, Marktführer in der Hybridtechnik, die Märkte mit der Meldung überrascht, einen ersten Erfolg bei der Suche nach einer Batterie großer Reichweite erzielt zu haben. Einem Bericht der „Nihon Keizai Shimbun“ zufolge hat Toyota mitgeteilt, eine Batterie entwickelt zu haben, die Reichweiten bis zu 1000 km möglich machen könnte. Mit einem kommerziellen Einsatz der Batterie sei frühestens ab 2015 zu rechnen.
Es bleibt spannend, auch in Hinblick auf die Ladekonzepte.

Lithium-Ionen-Zelle
Aufbau einer Lithium-Ionen-Batterie
Bild: SB Limotive
 
Die Skizze zeigt den schematischen Aufbau einer Lithium-Ionen-Zelle mit Anode (+), Kathode (-) und dem dazwischen angeordneten Separator. Die elektrische Energie wird in Lithium-Atomen (an der negativen Elektrode) in einem chemischen Prozess mit Stoffänderung gespeichert. Lithium kann in ionisierter Form durch den Elektrolyten zwischen den beiden Elektroden hin- und herwandern.
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