Startseite » Antrieb »

Die Spannung macht`s

CO2-Reduzierung
Die Spannung macht`s

Die drohenden CO2-Strafzahlungen zeigen Wirkung, einige OEMs bringen bereits in diesem Jahr Mildhybridantriebe mit 48-Volt auf den Markt. Die höhere Spannung birgt neben der CO2-Reduktion aber noch weitere Vorteile. Wir fragten bei Renault, Mercedes-Benz und Audi nach.

Der Autor: Jürgen Goroncy, freier Mitarbeiter der KEM Automobilkonstruktion

Im Mai bietet Renault den Kunden den ersten Diesel-Mildhybridantrieb mit 48 Volt im Scénic und Grand Scénic an. Der Aufpreis wird nach Angaben von Damien Scopel, Planungsmanager Technologie der Renault Deutschland AG, 1400 Euro betragen. Gegenwärtig wird der 1,5-l-Dieselmotor mit 88 kW Leistung mit dem Hybrid Assistent, wie der französische OEM das 48-Volt-System nennt, gekoppelt. Einige Zeit wird das laut Scopel der einzige Selbstzünder mit elektrischer Unterstützung bleiben, Ottomotoren werden jedoch folgen.
Ein riemenangetriebene Startergenerator von Continental (RSG) ist dabei mit der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors verbunden. Der 48-Volt-Elektromotor leistet dauerhaft 6 kW (zeitweilig bis zu 10 kW) und hat ein Startdrehmoment von 60, das durch die Übersetzung im Riementrieb auf maximal 150 Nm erhöht wird. Den Strom bezieht der 48-Volt-RSG aus einer Lithium-Ionen-Batterie gleicher Spannung mit 500 Wh.
Beim Bremsen und im Schubbetrieb generiert die E-Maschine Strom, der im 48-Volt-Akku gespeichert wird. So kann der Fahrer noch früher hochschalten oder mit geringer Drehzahl beschleunigen. Der 1,5-l-Dieselmotor verbraucht im NEFZ 3,9 Liter (100 g CO2/km), als Mildhybrid sinkt der Verbrauch im NEFZ um 0,4 Liter auf 3,5 Liter (91 g CO2/km) – und damit um gut z10 %.
Mittelfristig rechnet Rudolf Stark, Leiter der Business Unit Hybrid Electric Vehicle in der Division Powertrain von Continental, damit, dass das 48-Volt-Hybridsystem große Marktanteile erreichen wird. Die OEMs schätzen die geringen Eingriffe in die bestehenden Antriebsarchitekturen und die Vielseitigkeit der 48-Volt-Technik. Autofahrer freuen sich über satte Verbrauchseinsparungen bei vergleichsweise geringen Kosten und den zusätzlichen Fahrspaß mit elektrifizierten Antrieben.
Weltweit, so Stark, werden Mitte des nächsten Jahrzehnts voraussichtlich rund 13 % der Neufahrzeuge mit 48-Volt-Mildhybriden ausgerüstet sein, in Europa allerdings deutlich mehr. Ende des nächsten Jahrzehnts könnte schon jeder vierte Neuwagen mit einem 48-Volt Antrieb ausgestattet sein, getrieben vor allem durch die chinesische Gesetzgebung sowie die europäischen Komfortansprüche mit höherem Energiebedarf und CO2-Flottenverbrauchswerte.
Daimler mit zwei Varianten
Mercedes-Benz setzt ebenfalls auf die 48-Volt-Technik, allerdings werden im ersten Schritt, im Gegensatz zu Renault, Ottomotoren mit unterschiedlichen Lösungen elektrifiziert. Den Startschuss für die 48-Volt-Hybridisierung gibt Mercedes-Benz mit der diesjährigen Markteinführung der modellgepflegten S-Klasse. Mittelfristig sieht Daimler die 48 Volt als Breitenanwendung für alle Baureihen und Motoren an.
Der neue 3,0-l-Reihensechszylinder M 256 wurde nach Angaben von Oliver Vollrath, Projektleiter Powertrain bei der Daimler AG, konsequent für die Elektrifizierung mit 48-Volt-Lösungen ausgelegt. „Diesen Sechszylinder-Ottomotor werden wir ausschließlich mit der 48-Volt-Technik anbieten. Der integrierte Starter-Generator (ISG) mit bis zu 16 Kilowatt Leistung und 250 Newtonmeter Drehmoment ist auf der Kurbelwelle montiert“, erklärt Vollrath.
Im Gegensatz zu Renault setzt Daimler auf einen permanent erregten Synchronmotor, während Continental den französischen OEM mit einem Asynchronmotor beliefert. Die Batterie ist mit 950 Wh deutlich größer als bei Renault mit 0,5 kWh. Die Batterie liefert die Daimler-Tochter Accumotive. Den Lieferanten des Elektromotors nannte Vollrath jedoch nicht.
Der Vierzylindermotor M 264 wird mit einem einen riemengetriebenen Starter-Generator (RSG) mit circa 12 kW Maximalleistung ausgerüstet. Der neue Ottomotor stößt damit laut Vollrath in Leistungsregionen vor, die bisher hubraumstarken Aggregaten mit sechs Zylindern vorbehalten waren. Zugleich verbraucht er deutlich weniger Kraftstoff als ein vergleichbarer Sechszylindermotor.
Grundsätzlich sieht Vollrath die Möglichkeit der Rekuperation und die dadurch gegebene CO2-Reduzierung von sieben bis zwölf Gramm pro Kilometer im NEFZ sowie die Elektrifizierung von Nebenaggregaten wie Klimaanlage, Sauglüfter und Co. als wichtigste Vorteile. Außerdem ist der Sechszylinder – der völlig riemenlos ausgelegt ist – mit einem elektrisch angetriebenen Kältemittelverdichter ausgerüstet. In der Topmotorisierung sorgt ein elektrisch angetriebener Zusatzverdichter mit 48 Volt dafür, „dass nicht das kleinste Turboloch für den Fahrer spürbar ist.“ Darüber hinaus ist die Kosteneffizienz und somit der Preis für die Verbrauchseinsparung attraktiv. Damit, so Vollrath, hat diese Technik alle Voraussetzungen zur Breitenanwendung.
Noch in diesem Jahr wird Daimler in der neuen S-Klasse die 48-Volt-Technik mit dem neuen Reihensechszylinder-Ottomotor M 256 präsentieren. Weitere Baureihen und Motoren, auch Selbstzünder, werden folgen.
Noch weniger CO2 durch Vernetzung
Audi wird im Herbst 2017 wahrscheinlich als erstes Modell den neuen A8 mit einem 48-Volt-Mild-Hybrid-System sowohl mit Otto- als auch mit Dieselmotoren anbieten. Mittelfristig erwartet Oguz Eksi, Projektleiter 48V-Hybrid bei Audi in Ingolstadt, auch in den Baureihen B (A4 und Derivate) und C (A6 und Derivate) den 48-Volt-Mild-Hybrid zusammen mit beiden Verbrennungsmotorvarianten. Das System ist wie bei Daimler keine Option, sondern immer integraler Bestandteil des Antriebsstrangs. Die maximale Rekuperationsleistung der elektrischen Asynchronmaschine, die als Riemen-Starter-Generator (RSG) ausgeführt ist, beträgt 12 kW, das Drehmoment nach der Übersetzung durch den Riementrieb 180 Nm. Die in Genf vorgestellte Studie Q8 sport concept mit zwei 48-Volt-Motoren ist ein Ausblick in die Zukunft.
Die CO2-Reduzierung haben die Ingolstädter unter anderem durch Vernetzung weiter optimiert. Die Schwellen für das Start-Stopp-System werden auf 15 bis 25 Kilometer pro Stunde angehoben. Dabei hilft eine sogenannte Change-of-Mind-Fähigkeit des RSG, die einen nahezu verzugsfreien Motorstart ermöglicht, falls die Ampel während der Verzögerung wieder grün zeigt und der Fahrer nicht mehr bremst. Wie in der S-Klasse wird beim sogenannten Segeln bis 160 km/h auch konsequent der Verbrennungsmotor abgestellt. Dabei überwacht die Frontkamera die Straße, ob nicht ein Fahrzeug direkt vor dem Audi den Segelvorgang stört. Im Vergleich zu den effizientesten Modellen mit den vier Ringen beträgt die CO2-Einsparung im NEFZ bis zu 10 %. „Bei Sechszylinder-Ottomotoren beträgt die Einsparung im realen Fahrbetrieb bis zu 0,7 Liter Benzin auf 100 Kilometer, also sogar mehr als zehn Prozent“, so Oguz Eksi.
Mit dem aufpreispflichtigen prädiktiven Effizienzassistenten bekommt der Fahrer darüber hinaus grafische Anweisungen, basierend auf GPS-Daten und der Höhentopologie. Er kann so seinen Fahrstil vor nicht vorhersehbaren Kurven, Kuppen und Kreuzungen besser auf eine noch höhere Effizienz einstellen. So wird etwa vor einer Bergkuppe die Batterie mit 500 Wh durch Lastpunktverschiebung oder Segeln noch geleert, weil sie sich bei der Bergabfahrt wieder durch Rekuperation aufladen lässt.
Ob Renault, Daimler oder Audi – wie ein roter Faden zieht sich bei allen drei OEMs die CO2-Reduzierung durch die Argumentation. Dabei ist der Verbrennungsmotor zwar immer noch die Hauptantriebsquelle, arbeitet allerdings so oft wie möglich on demand. jpk
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten

Video-Tipps

Unser aktueller Video-Tipp: 100 Jahre BMW


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de